1. KAPITEL
„Was meinst du, welcher Look wird einen Frauenhelden wie den Filmproduzenten Luc Gambrelli am ehesten aufmerksam machen?“ Darci zog ein weißes Kleid aus dem Schrank und drehte sich zu Kerry um. „Die verschämte Jungfrau?“
Sie hielt das Kleid vor sich. In einer geraden Linie fiel es Darci bis zu den Knien, und die schlichte Eleganz betonte ihre große, schlanke Statur. Sie strich die schwere rote Mähne aus ihrem herzförmigen Gesicht und schaute mit verschmitzt blitzenden moosgrünen Augen an sich herab.
Ihre Mitbewohnerin und langjährige Freundin Kerry lachte leise über diese Modenschau. „Was steht noch zur Verfügung?“
„Der sexy Vamp.“ Darci warf das weiße Kleid aufs Bett und brachte ein kleines Schwarzes zum Vorschein, mit dünnen Trägern und großzügigem Dekolleté, eng anliegend und kurz. Es ließ der Fantasie wenig Raum, als Darci es jetzt an sich drückte und mit verführerischem Augenaufschlag das Haar zurückschüttelte.
„Hm …“, Kerry verzog das Gesicht. „Es sollte irgendwo dazwischenliegen, glaube ich. Grant hat mir mal anvertraut, dass jeder Mann sich wünscht, eine Frau möge in der Öffentlichkeit lieblich und schön wie ein Engel sein und sexy wie der Teufel in seinem Bett.“
Darci zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Mein großer Bruder hat so etwas zu dir gesagt?“
„Vor Jahren, noch zu Uni-Zeiten.“ Kerry, eine grazile Brünette, lachte über Darcis perplexe Miene. „Wir waren alle gerade von einer Party zurückgekommen, und er beklagte sich, dass er wohl nie die perfekte Frau finden würde.“
„Na, vielleicht hat er da mit seinen Zweifeln sogar recht gehabt. Mit achtundzwanzig ist er noch immer Junggeselle. Und genau wie bei mir ist eine Beziehung für ihn vorerst wohl nicht in Sicht“, fügte Darci mit einem leichten Stirnrunzeln hinzu. „Sonst hätte er mich nicht gebeten, ihn auf die Filmpremiere zu begleiten.“
Ihr genau fünf Minuten älterer Zwillingsbruder war ein bekannter Regisseur. In den letzten vier Jahren hatte er sich in rasantem Tempo in den Hollywood-Himmel hochgearbeitet. Die letzten beiden Filme unter seiner Regie hatten enorme Gewinne an den Kinokassen eingespielt. Mit seinem jetzigen Film hoffte er, die Erfolgsserie fortsetzen zu können. Bei der morgigen Premiere würde auch der Produzent des Filmes anwesend sein – nämlich Luc Gambrelli.
Ein zu schöner Zufall, um sich die Chance entgehen zu lassen …
Kritisch begutachtete Darci die beiden Kleider. „Du denkst also, irgendwo dazwischen, ja? Hm … Es würde wohl helfen, wenn man wüsste, ob Luc Gambrelli Rothaarige, Brünette oder Blondinen bevorzugt.“
„Kommt wahrscheinlich auf den Wochentag an“, erwiderte Kerry hämisch. „Montags eine Blondine, dienstags eine Brünette und am Mittwoch dann einen Rotschopf – oder so ähnlich. Wenn man den Zeitungsberichten der letzten Jahre Glauben schenken will, soll er angeblich für jeden Tag eine andere Frau haben“, setzte Kerry erklärend hinzu, als sie Darcis verständnislose Miene sah.
Darci überlegte. „Dann können wir nur hoffen, dass er den Dienstag für Rotschöpfe freihält!“
Kerry lächelte schief. „Hast du wirklich vor, das morgen Abend durchzuziehen?“
„Und damit Luc Gambrelli von seiner eigenen bitteren Medizin zu kosten geben? Ja!“ Darci suchte schon wieder in ihrem Kleiderschrank nach dem perfekten Kleid für den nächsten Abend. „Er hat Mellie das Herz gebrochen, vergiss das nicht. Ich werde Grant dazu bringen, uns beide miteinander bekannt zu machen. Hoffentlich gelingt es mir, sein Interesse zu wecken. Denn dann werde ich das ausgesprochene Vergnügen haben, ihn abblitzen zu lassen! Es ist höchste Zeit, dass eine Frau diesem arroganten Luc Gambrelli einmal klarmacht, dass nicht jedes weibliche Wesen ihm willig zu Füßen sinkt.“
„Meinst du nicht, es könnte Grants Karriere schaden, wenn du dich mit einem so mächtigen Filmmogul wie Gambrelli anlegst?“, gab Kerry zu bedenken.
„Das ist ja das Schönste daran.“ Darci grinste. „Mein großer Bruder ist momentan der absolute Liebling der Filmwelt. Sie werden sich hüten, ihn anzugreifen.“
Kerry sah noch immer besorgt drein. „Die Welt des Films ist wankelmütig. An einem Tag noch der Liebling aller und am nächsten schon der Ausgestoßene.“
„Meinst du wirklich, Luc Gambrelli ist armselig genug, um seinen Ärger an Grant auszulassen?“
„Könnte möglich sein“, erwiderte Kerry.
Lachend beugte Darci sich zu Kerry und umarmte sie. „Du warst schon immer der Schwarzseher unter uns.“ Dabei wusste sie genau – hätte die Freundin sie nicht immer gewarnt und zur Vorsicht gemahnt, wäre sie in den letzten Jahren wahrscheinlich sehr viel häufiger auf die Nase gefallen. Vielleicht hatten ihr Temperament und ihre Spontaneität etwas damit zu tun, dass sie ein typischer hitziger Rotschopf war.
Sie dachte nicht daran, von ihrem Vorhaben abzusehen. Nicht nach dem, was Luc Gambrelli Mellie angetan hatte …
„Dir ist schon klar, dass er morgen wa