: Claudio Coletta
: Das Skalpell des Engels Kriminalroman aus Italien
: Lenos Verlag
: 9783039257133
: Lenos Polar
: 1
: CHF 15.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 238
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Lorenzo Baroldi ist leitender Arzt in einem Krankenhaus in Rom. Nachdem ein junger Nigerianer auf seiner Station mit seltsamen, vorerst unerklärlichen Symptomen plötzlich stirbt und Baroldi von zwei ähnlichen Fällen aus anderen Kliniken Kenntnis bekommt, beschließt er, der Ursache der beunruhigenden Todesfälle auf den Grund zu gehen. Zur selben Zeit gibt der Tod eines Unbekannten, der mitten in der Stadt an einem Baukran erhängt aufgefunden wird, Rätsel auf. Baroldi vermutet eine Verbindung zu den unter mysteriösen Umständen verstorbenen jungen Migranten und bittet seinen langjährigen Freund Nario Domenicucci, einen erfahrenen Kommissar aus Genua, um Unterstützung. Immer tiefer geraten die beiden in eine komplizierte Spurensuche, die vom Asylzentrum in Rom bis in die Schweiz und deren berühmte Pharmaindustrie führt. Claudio Coletta beleuchtet in seinem klassisch komponierten Roman noir nicht nur die Rolle von Pharmakonzernen in der medizinischen Forschung auf spannende Weise, sondern verhandelt auch damit verbundene moralisch-ethische Fragen.

Claudio Coletta, geboren 1952, ist Kardiologe und Dozent an der Universität La Sapienza in Rom. 2007 war er Mitglied der internationalen Jury des Filmfests Rom. 2011 veröffentlichte er seinen ersten Roman, 'Viale del Policlinico', für den er mit dem Premio Raffaele Crovi ausgezeichnet wurde. In der Folge veröffentlichte er fünf weitere Romane und zwei Kurzgeschichten.

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Lorenzo hatte schon unerwartet Patienten verloren, es wäre normal gewesen, sich daran zu gewöhnen, doch er wusste, dass ihn die Schuldgefühle tagelang plagen würden. Der Mann war ohne richtige Diagnose und in febrilem Zustand von der Notaufnahme gekommen, und niemand hatte seine Situation ernst genommen, am allerwenigsten er. Er hatte sich darauf beschränkt, ihn geistesabwesend zu untersuchen, den beiden Assistenzärzten zu zeigen, wie man eine Lunge auskultierte, und einen Blick auf die Blutwerte geworfen, die alle praktisch unverändert waren, doch von einer Behandlungsstrategie im eigentlichen Sinn keine Spur. Ein Breitbandantibiotikum, ein bisschen perorales Kortison, das man niemandem verwehrte, eine zweite Runde Untersuchungen, und das war’s. Als schösse man wahllos in den Nachthimmel, ohne zu wissen, woher die Bomben abgeworfen wurden, oder viel eher noch, als spielte man mit dem Sensenmann Poker und liesse ihn den Wetteinsatz bestimmen. Kaum vierundzwanzig Stunden später war die Erkrankung mit ihrer ganzen Kraft explodiert: Zuerst die schreckliche metabolische Dekompensation, dann der Atemstillstand, das Koma, und er war tot. Es wäre nicht einfach gewesen, ihn zu retten, gewiss, aber dennoch. Ein paar zielführende Fragen bei der Aufnahme, ein bisschen mehr Geduld, und er würde vielleicht noch leben. Er war mit seiner Frau auf einem Boot über die Strasse von Sizilien gekommen, sie wohnten in einem Empfangszentrum in Tor Bella Monaca, wie er von der Sozialarbeiterin des Krankenhauses am Telefon erfahren hatte, die mit Aischa, der Witwe, zum Zentrum zurückgegangen war. Es wohnten auch andere nigerianische Familien dort und die Frauen würden sich um Aischa kümmern, hatte sie ihm versichert und dann gefragt, ob eine Autopsie wirklich nötig sei, denn der Islam verbiete sie und di