: Stephanie Borgert
: Gemeinsam denken, wirksam verändern Organisationaler Diskurs als Schlüssel zum Change
: Verlag Franz Vahlen
: 9783800674589
: 1
: CHF 18.00
:
: Management
: German
: 201
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Change - ein Thema, mit dem sich die Menschen in jeder Organisation beschäftigen. Sie alle erleben Aufbruchstimmung und Euphorie ebenso wie Frust und Resignation. Dabei ist eine Frage zentral: Welche Geschichte über Veränderung erzählen wir uns? Die vom Widerstand der Menschen? Vom Mitnehmen und an Bord holen? Oder die vom Intervenieren in einem komplexen System. Die Antwort auf diese Frage beeinflusst maßgeblich, mit welchen Instrumenten der Change angegangen wird und wie wahrscheinlich sein Erfolg ist.

In diesem Buch wird eine Organisation als komplexes System verstanden, und deshalb werden andere, zielführendere Fragen gestellt, auf die «organisationaler Diskurs» die Antwort ist. Dabei ist dieses Instrument keine schnelle, einfache 08/15-Methode für alle Fälle, sondern eine Einladung zum kollektiven Denken.
Im praktischen Diskurs, der in Kleingruppen stattfindet, denken die Teilnehmenden über ihr Denken nach, über Struktur und geltende Normen in der eigenen Organisation, die Routinen ihres Handelns und die kollektiven Bewertungsmuster. Sie reflektieren gemeinsam und betrachten sich dabei als Individuum, als Team und die Organisationsebene. Das ist nicht trivial und durchaus anspruchsvoll.
Es ist ein iterativer Prozess aus Bewusstmachen, Irritieren, Darlegen, Verabreden. Er wird in diesem neuen Buch von Stephanie Borgert ausführlich vorgestellt und praktisch erläutert. Wenn eine Organisation im Diskurs ihre Bewertungsmuster und -routinen reflektiert und gegebenenfalls neu verabredet, können wir die Geschichten um 'Change bringt immer Widerstand mit sich' in die Mottenkisten legen.
Weil organisationaler Diskurs keine Methode und auch kein Rhetorik-Fahrplan ist, liegen ihm einige Prinzipien zugrunde, damit er seine veränderungswirksame Kraft entfalten kann. Veränderung gelingt, wenn wir in einen guten Diskurs finden, und der bedeutet, miteinander zu denken. Was also erwartet Sie konkret?
Blick in den Inhalt:
Eine kurze Geschichte komplexen Denkens
8 Prinzipien für den organisationalen Diskurs

  1. Wirkli hkeit ist ein Konstrukt
  2. Organisatio als komplexes System
  3. Kommunikation erzeugt Kommunikation
  4. Verände ung braucht Energie
  5. Eine Organisation kann lernen
  6. Das Menschenbild ist entscheidend
  7. Wir müssen uns mehr Komplexität zumuten
  8. Die Antwort auf Komplexität ist ...
Der praktische Diskurs
  • Reflect
  • < i> Irritate
  • Declare
  • Agree
Das Setting
Wirkungen und Widersacher
Über die Autorin:
Als Komplexitätsforscherin beschäftigt sich Stephanie Borgert mit der Frage, wie Zusammenarbeit in einer turbulenten, dynamischen Welt sinnvoll organisiert werden kann. «Gemeinsam denken, wirksam verändern» ist ihr achtes Buch zu diesem Themenkomplex. Sie ist zudem Board Member und Chief Solutions Officer des kroatischen Start-up «qohubs» (www.qohubs.com). Das Unternehmen steht für organisationalen Diskurs und arbeitet mit einigen namhaften Unternehmen in Europa zusammen.

7DENKEN, DISKURS UND VERÄNDERUNG


Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Meeting. Gemeinsam mit Ihren Kolleginnen und Kollegen erarbeiten Sie die kommende Veränderungsmaßnahme. Die Auseinandersetzung ist hitzig, Argumente fliegen durch den Raum, Standpunkte werden bezogen. Es wird leidenschaftlich argumentiert. Dann herrscht plötzlich Stille. Alle, auch Sie, denken nach. Aber nicht über das nächste Argument oder wie man hier als Sieger vom Platz gehen kann, sondern über all das Gehörte, die geteilten Sichtweisen, die jetzt bekannten Motive, die Einwände, die Wünsche. Es ist eine kurze Pause. Der Diskurs geht weiter, und er hat an Tiefe gewonnen. Es bleibt weiterhin hitzig und turbulent. Am Ende jedoch haben Sie gemeinsam eine Verabredung getroffen, die für alle Beteiligten verbindlich und orientierend ist.

Sollten Sie jetzt denken, dass es bei Ihnen im Unternehmen doch genau so läuft, dann antworte ich:Allein, mir fehlt der Glaube. Denken Sie gerade, dass es bei Ihnen und mit Ihren Leuten eh nicht möglich ist, entgegne ich:Allein, Ihnen fehlt der Glaube. Am Ende dieses Buches werden wir (vermutlich) zu der Erkenntnis kommen, dass beide Antworten richtig sind.

8Veränderungen sind an der Tagesordnung. Change Projekte werden initiiert, Transformationen beschlossen und Maßnahmenkataloge erarbeitet. Ob diese Projekte tatsächlich zu 70 Prozent scheitern, ist nicht bewiesen. Im Organisationsalltag zeigen sich aber zunehmend Change-Müdigkeit, Ablehnung gegenüber beschlossenen Veränderungen, Aussitzen und Unterlaufen der Maßnahmen bis hin zu offenem Widerstand. Warum ist das so? Die häufige (oberflächliche) Antwort darauf lautet:Die Menschen wurden nicht abgeholt, eingebunden, mitgenommen und erzeugen Gegenwind. Aha, die Menschen leisten also Widerstand gegen Veränderung. Nicht selten wird darüber hinaus noch mit dem Alter der Beteiligten und deren Angst und Unsicherheit argumentiert. Diese Argumentation zeigt vor allem eines – das existierende Menschenbild. Vielleicht haben wir uns alle aber auch einfach an diese Erklärung gewöhnt. Veränderung – Widerstand – Mensch, fertig. Das ist einfach, geht schnell und wir müssen uns keine weiteren Gedanken machen.

Denn ob wir es Change, Transformation oder Veränderung nennen, wir beeinflussen damit die Organisation, also ein komplexes System. Eine Organisation lässt sich nicht über die Summe ihrer Mitglieder und deren jeweilige Persönlichkeit erklären. Es ist ein System, mit etablierten Strukturen und dem Zweck, sich selbst zu erhalten. Mit diesem Blick auf Organisation ändern sich die Fragen, die wir uns stellen, wenn es um Veränderung geht. Welche Strukturen, also welche unserer expliziten und impliziten Verabredungen von Zusammenarbeit, müssen sich ändern? Wo liegt eine große Hebelkraft? Welche Strukturen verhindern oder hemmen die Veränderung möglicherweise? Haben wir ausreichend Energie und Instabilität im System für den Change?

Diese Fragestellungen kommen bisher kaum vor in den Kick-offs für die agile Transformation, den Strategiewechsel oder die Erschließung neuer Märkte. Solange wir aber unseren Blick auf die Menschen (und deren Widerstand) halten, wird sich die Diskussion um gescheiterte Vorhaben nicht verändern und der Erfolg weiterhin eher zufällig bleiben.

Organisationaler Diskurs – kein Rezept, sondern Instrument


Was also ist zu tun? Die kurze Antwort an dieser Stelle: einen organisationalen Diskurs führen.

Das klingt zunächst nach einer bestimmten Art, miteinander zu sprechen, nach einer Kommunikations-Methode, eventuell sogar zeremoniell. Da haben Sie sicher schon einiges probiert. In vielen Organisationen wird die Diskussion um Meeting-Regeln, Zuhör-Techniken und Sprechsteine9genauso regelmäßig wiederholt, wie der Blick auf gescheiterte Maßnahmen. Unterstelle ich etwa, dass nicht «gut» miteinander gesprochen wird? Ja, das tue ich. Als Sammelbegriff für die Art und Weise, wie Meetings, Workshops, Retrospektiven oder Führungskräfterunden kommunikativ ablaufen, verwende ich gern den Begriff «undiszipliniert». Was meine ich damit? Viele Aspekte oder Problemstellungen werden gleichzeitig in die Luft geworfen, die Redenden beziehen sich nicht aufeinander, Reden dient einzig dem Verteidigen des eigenen Standpunktes, Fragen werden kaum gestellt, Grundannahmen zum eigenen Standpunkt nicht mitgeliefert. Es wird in Bewertungen gesprochen, ohne die Beobachtung zu benennen, es gibt keine Momente des Schweigens und Probleme werden nicht in der Tiefe betrachtet. Alles soll schnell gehen, und auf jeden Fall müssen am Ende konkrete To-dos herauskommen. Viel Rauschen, wenig Gespräch.

Schnell erklingt mitunter der Ruf, diese Phänomene über die rote, gelbe, grüne oder blaue Persönlichkeit der Menschen zu verargumentieren und dann die Lösung in Seminaren zu gewaltfreier Kommunikation oder Regeln für wertschätzendes Feedback zu erhoffen. Auch hier sind die Menschen nicht das Problem. Wir haben Systeme und damit Strukturen etabliert, die ernsthaften, verbindlichen organisationalen Diskurs be- oder sogar verhindern. Damit sorgt der Ruf nach Wir-Gefühl, Eigenverantwortung und Wertschätzung für eine Ambivalenz bei den handelnden Menschen. Wir «verabreden», wie wir miteinander umgehen, halten uns aber nicht dara