2 Staying Power:
50 Jahre Faszination
»Meine Songs sind wie ›Bic‹-Einwegrasierer. Sie machen Spaß, sie entsprechen dem modernen Konsum. Nach dem Benutzen kann man sie entsorgen wie ein benutztes Taschentuch. Man kann sie sich anhören, mögen, wegwerfen und sich dann dem nächsten widmen. Einweg-Pop.«1
Während diese Zeilen gedruckt werden, feiert QueensGreatest Hits seine 1095. Woche in denUK-Charts. Mehr als sechs Millionen Fans machten es zum erfolgreichsten Album der britischen Geschichte. Noch 2021 stand es auf Platz 5 der meistverkauften Alben des Jahres imUK. Auf Rang 2 der langlebigsten Queen-Tonträger in denUK-Bestsellern kommt mit 317 Wochen ein Set ausGreatest HitsI,II undIII – genanntThe Platinum Collection. Kein Act hat mehr Wochen in den britischen Albumcharts verbracht, nicht einmal die Beatles. Sogar der Ende 2018 veröffentlichte Soundtrack zum BiopicBohemian Rhapsody (R: Bryan Singer) mit mehrheitlich alternativen Fassungen der bekanntesten Hits, aber auch Mays gewitzter Version der20th Century Fox-Fanfare, brachte es auf mehr als ein Jahr in den britischen Top 100, in Deutschland kam er auf 50 Wochen. Der Film selbst füllte im Herbst 2018 die Kinos, wie es sonst nur hammerschwingende Rächer, Ritter des Jedi-Ordens und genmanipulierte Urzeitechsen vermögen – dazu weder von einem Jubiläum noch sonstigem Anlass flankiert. Seit 2012 treten Queen mit ihrem neuem Sänger Adam Lambert in den größten Spielstätten der Welt auf. Zu Lebzeiten Freddie Mercurys waren sie eine der kommerziell erfolgreichsten Bands des Planeten. Mehr als 30 Jahre nach seinem Tod haben sie sogar diesen Status überholt – längst lässt sich ihr Einfluss nicht mehr in Zahlen bemessen. Ein Ende dieser Entwicklungsautobahn ist nicht auszumachen. Dafür sorgen starke Pfeiler und Brücken, die sie festigen und rasantes Tempo garantieren. Doch wie konnten Queen all diese Gipfel stürmen? Lassen Sie uns die Wege über die Hochplateaus erkunden.
Über 1000 Wochen inUK-Charts: QueensGreatest Hits
Der erste führt uns nicht nur ins Jahr 1984, sondern auch ins Untergeschoss des riesigen Arabella-Hochhauses in Bogenhausen, einem der feinsten Stadtteile der feinen Stadt München. Hier, in den Musicland Studios von Giorgio Moroder, nehmen Queen seit 1979 auf.
Mercury fand einen solchen Gefallen an seiner Anonymität in der Isarmetropole und deren Schwulenszene, dass er eher mehr als weniger bis 1986 gleich dortblieb. So wirkt er entsprechend ›griabig‹, wie man in Bayern sagt, wenn man ›behaglich‹ meint, während er sich Rudi Dolezal, einer Hälfte der Wiener Filmproduktionsgesellschaft DoRo, im Aufenthaltsbereich des Studios zu einem seiner aufschlussreichsten Interviews gegenübersetzt. Der damals 37-jährige Mercury kauert vor einer Buchenfurnierwand in einem weißen Unterhemd, wie er es