I
LÜGE
1
Mondlicht spiegelte sich in den Pfützen am überschwemmten Tunnel der Untergrundbahn. Es roch nach feuchtem Zement. Der Mann mit den schwarzen Handschuhen lud acht Patronen in das Magazin seiner Pistole und schob es mit einem Ruck zurück in den Griff der Waffe. Er steckte die P08 in das verborgene Halfter an seinem Rücken.
Vor zwei Wochen war hier die Spree in den Tunnel eingebrochen, in dem Moment, als man Nord- und Südstrecke miteinander verband, und hatte die U-Bahn bis zum Potsdamer Platz überschwemmt. Ein neuer Wall war errichtet worden, um das Wasser aufzuhalten.
Der Mann stieg über Eisenbleche, Sandsäcke und Schaufeln. Er sah sich aufmerksam um, bevor er in den Schatten eines Bauwagens trat.
Ein zweiter Mann tauchte auf, klein, schmächtig, mit Drahtbrille. Der Zylinder auf seinem Kopf schimmerte im Sternenlicht. Der Mann trug einen feinen Gehrock und fluchte bei jedem Schritt. Seine Schuhe sanken im Schlamm ein. Verzweifelt sah er sich um.
»Guten Abend«, ertönte hinter ihm eine Stimme. Aus dem Schatten des Bauwagens löste sich eine Gestalt mit schwarzen Handschuhen.
»Musste es sein, dass wir uns auf dieser morastigen Baustelle treffen?«
»Durchaus.«
»Wer sind Sie, und warum wollten Sie mir am Telephon nicht Ihre Identität enthüllen?«
»Haben Sie den Artikel?«
Der kleine Mann kniff unwillig die Augen zusammen. Schließlich nahm er seine Tasche vor die Brust und zog einen Papierbogen heraus.
»In der Redaktion derBerliner Zeitung weiß man noch nichts von Ihren Recherchen?«, fragte der andere.
»Bisher nicht.«
»Geben Sie mir den Text.« Der Große streckte die Hand nach dem Papier aus.
Der Mann mit dem Seidenzylinder schüttelte den Kopf. »Erst will ich ein paar Antworte