II.
Neue Zeiten, Dekadenzzeiten (1795–1840)
Französische Revolution (1795–1801)
Eine dezisive Zäsur wurde im Oktavbetrieb die Französische Revolution Ende des 18. Jahrhunderts.1 Sie unterbrach die Wallfahrt in ihrer überlieferten Form und brachte den öffentlichen Kult allgemein zum Erliegen, so dass das kirchliche Leben entweder ganz unterging oder bestenfalls ins Kircheninnere verlegt wurde. Nur jene Luxemburger Geistlichen, die den staatlich vorgeschriebenen Hasseid auf die Monarchie und den Treueid auf die Republik abgelegt hatten, durften weiterhin Kulthandlungen in ihren Kirchen vornehmen.2
Doch zu den Ereignissen. Zwischen 1789, als in Paris die Revolution ausbrach, und 1795 wurde öfter, wegen drohender Kriegsgefahr, die Statue der Trösterin der Betrübten von der Wallfahrtskapelle in die Luxemburger Stadtpfarrkirche übertragen, so im Dezember 1789 und im Dezember 1792. Für die Oktave dieses Jahres waren im Übrigen, wegen des offenen Konfliktes zwischen Frankreich und Österreich (wozu Luxemburg gehörte), die Dechanten angewiesen worden, lediglich zwei Prozessionen pro Dekanat zur Oktave zuzulassen, mitsamt Abgabe der Namensliste aller Teilnehmer an der Stadtpforte.3 Die letzte öffentlich gefeierte Oktave mit Schlussprozession fand in der von den Franzosen belagerten Stadt, die unter Beschuss stand, am 9. Mai 1795 statt, ohne viel Pomp und nur mit Stadt-Luxemburgern und Soldaten; ein in der Prozession einherschreitender Kanonier wurde dabei durch eine Kugel am Arm verletzt. Am 20. Mai schlug, während eines Bombardements, eine Bombe in das Dach der Nikolauskirche ein und landete im Chor vor dem Altar mit dem aufgestellten Gnadenbild; es blieb bei Sachschaden. 14 Tage später fiel die Festung in die Hand der französischen Revolutionstruppen. Luxemburg wurde von Frankreich annektiert und zum »Département des Forêts« (Wälderdepartement) erklärt. Die Gesetze des Pariser »Directoire«, auchin ecclesiasticis, fanden nun hier Anwendung. In den nächsten sieben Jahren konnte daher die Oktave mit Schlussprozession nur innerhalb der Nikolauskirche stattfinden. Und auch das nur, weil Pfarrer Kaeuffer zusammen mit seinen sechs Kaplänen, im Gegensatz zu den meisten anderen luxemburgischen Geistlichen, den Hasseid geleistet hatte. Das Trierer Generalvikariat hatte ihm zu diesem Schritt geraten, der ihm dann aber von Klerus wie von vielen Gläubigen verübelt wurde, so dass er sich isolierte und schließlich 1803 abdankte. Er hatte den Eid abgelegt, um das Gnadenbild und den Kult der Trösterin zu retten und die Kirche zu halten. So konnte die Oktave, einschließlich der Prozession, mit minimalem Aufwand und ohne äußere Manifestationen während der ganzen Revolutionszeit im Inneren der Nikolauskirche abgehalten werden. Doch kam es im Zusammenhang mit der Oktave 1798 zu geringfügigen Differenzen zwischen Klerikern, die geschworen hatten (»assermentés«), und denen, die nicht geschworen hatten (»insermentés«, »réfractaires«), sowie ihren jeweiligen Anhängern und mit den Behörden.4 Die Statue der Trösterin der Betrübten, die 1794 in der Nikolauskirche aufgestellt worden war, blieb nun dort.5 Seither ist die alte Jesuitenkirche und heutige Kathedrale Wallfahrtskirche, wenn auch prioritär zur Oktavzeit.
Zu Beginn des Jahres 1796 wurden die Kap