Vorwort
»Vierzig Diebe unter Liebesentzug« (so der französische Originaltitel dieses Buches,Quarante voleurs en carence affective): Das ist provokant, das klingt nicht ernst gemeint. Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass es reichen würde, die Diebe zu lieben, damit die Kriminalität sinkt!
Aber genau diese Idee thematisiert das Buch, indem es sie in eine Reihe mit den bahnbrechenden Arbeiten von René Spitz1 und John Bowlby2 stellt, zwei Psychoanalytikern, die ihre Überlegungen zur menschlichen Psychologie mit Arbeiten zur Tierethologie untermauerten.
Sehen Sie, Sie übertreiben. Man kann schließlich die Welt der Gedanken und der Freudschen innerseelischen Konflikte mit jener der Hunde und Katzen vergleichen, unserer treuen Begleiter!
Als Darwin Mitte des 19. Jahrhunderts ebendiese Idee vorstellte,3 wurde er von jenen ausgelacht und verachtet, die es vorzogen, in den gewohnten Denkmustern zu verharren. Indem Darwin aber die Tiere und die Menschen in ihrem natürlichen Umfeld beobachtete, revolutionierte er die Biologie und definierte den Platz des Menschen in der Welt der Lebewesen völlig neu.
Als nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Frieden einkehrte, stellten die Millionen von Waisen, die der Krieg in Europa zurückgelassen hatte, ein großes Problem dar. In England requirierten Anna Freud und ihre Freundin Dorothy Burlingham in Hampstead am Rande Londons eine Reihe schöner Häuser und tauften sienurseries, um dort achtzig von den Bombenangriffen und dem Verlust ihrer Eltern traumatisierten Kinder zu pflegen und zu versorgen. Weil die Kleinen noch nicht sprechen oder sich infolge ihrer Traumata nicht mehr verständlich machen konnten, ergänzten die beiden Frauen ihre unmittelbaren Beobachtungen zum Verhalten der Kinder mit einer psychoanalytischen Interpretation. In Zusammenarbeit mit René Spitz entstand so ein wunderbares Büchlein, in welchem die großen Namen der Psychoanalyse ihre Beobachtungen zu 29 Publikationen zur Tierethologie (Verhaltensbiologie der Tiere) in Bezug setzten.4 Ungefähr zur gleichen Zeit erhielt John Bowlby von der WHO den Auftrag, ein Konzept z