Leises Schnarchen vermischte sich mit dem gelegentlichen Knarzen des alten Häuschens. Im Wohnzimmer schlug eine Pendeluhr Mitternacht.
Henne Genie lag auf dem Fußende von Wilmine Wunderlichs Himmelbett, hatte ihre Flügel fest an den Körper gelegt und schlief. Genau wie ihr Frauchen.
Plötzlich ging eine Erschütterung durch das windschiefe Haus.
Genie öffnete ein Auge. „Boak?“
Eine kleine Kamera auf ihrem Köpfchen, festgehalten durch eine lederne Kappe, erwachte ebenfalls aus dem Schlaf. Surrend drehte sie sich im Kreis.
Noch einmal wackelte das Haus. Dreck rieselte von der Decke.
Genie sprang auf. „Boak, boak, boak!“, warnte sie Wilmine.
Augenblicklich saß die alte Frau senkrecht in ihrem Himmelbett. Ein Ruck ging durch ihre Wolldecke, die im nächsten Moment samt braun gescheckter Henne in die Höhe schoss. Von vier Seilen gezogen, flog die Decke nach oben, wo sie wie ein Baldachin hängen blieb.
Genie landete meckernd auf Wilmines Pantoffeln neben dem Bett.
„Wie? Wo? Was? Ist es schon Morgen?“, rief Wilmine und schob die runzeligen Füße in die Hausschuhe. Genie rannte zur Schlafzimmertür. „Mir war, als wäre ich soeben erst zu Bett gegangen.“ Sie tastete durch die Dunkelheit. „Nanu?!“
Eine glupschgläsrige Fliegerbrille lag auf ihrem Nachtisch. Sie blinkte rot und vibrierte so stark, dass selbst Wilmines Bett wackelte.
„Das Alarmsystem! Es spinnt!“, rief sie, schnappte sich den geblümten Morgenrock sowie die seltsame Brille und hastete aus der Tür in den Flur. Während Wilmine sich die Sehhilfe über die Nase zwang, sprang sie – Gesäß voraus – auf das Geländer einer steilen Holztreppe.
„Huiiiii!“, grölte die Alte und sauste in die Tiefe. Noch bevor sie unten auf den Holzdielen aufkam, hörte die Brille auf zu blinken und stellte scharf. „Genie, ich hab dich auf der Mattscheibe. Schau nach, was da draußen schon wieder los ist!“
Das ließ sich die Henne nicht zweimal sagen. Wie ein Pfeil schoss sie durchs offene Küchenfenster, hinaus in die stockdunkle Finsternis des Gartens.
Ruhig war es dort draußen allerdings nicht. Lautes Scheppern, Hühnergackern und Wasserrauschen waren zu hören.
„Das Spionage-Abwehrsystem spielt vollkommen verrückt!“, wetterte Wilmine und griff nach ihrem Werkzeugkoffer, der an seinem gewohnten Platz neben der Haustür stand. „Vielleicht ein Systemfehler.“ Sie überlegte nicht lange, riss die Tür auf und hüpfte ins Freie. An der Hauswand lehnte ein altes Fahrrad, mit einer riesigen Lampe vor dem Lenker. Sie warf das Werkzeug in den Weidenkorb hinter dem Sattel, schwang sich hinterher, dann düste sie los.
Sofort leuchtete der Scheinwerfer auf. Ein greller Lichtkegel durchflutete den Garten, malte gruselige Schatten an Schuppen und Hühnerstall.
Wilmine trat in die Pedale, umrundete einmal den Brunnen in der Mitte des Rasens und stob dann durchs Gemüsebeet.
„Platz da!“, wies sie ihre Hennen an, die gackernd Reißaus nahmen. „Macht euch lieber nützlich und sucht nach der Ursache für diese Störung.“ Die Hühner flatterten los. Keines schlief jetzt noch, alle waren auf den Beinen und hatten die gemütliche Wärme ihres Stelzenhauses verlassen.
Im Nu hatte Wil