1. KAPITEL
Stone Scarborough starrte seine jüngere Schwester verwirrt an und versuchte, sich einen Reim auf das zu machen, was sie ihm gerade ziemlich atemlos erzählte.
Aber was auch immer es war, Virginia schien deswegen ganz aufgeregt zu sein. Bisher hatte er nur so viel verstanden, dass es etwas mit der Visitenkarte zu tun hatte, die sie ihm in die Hand gedrückt hatte, doch ihr Wortschwall war so zusammenhanglos, dass er sich vorkam wie früher, wenn er mit seiner Frau zu spät ins Kino gekommen war – Eva hatte es nie geschafft, rechtzeitig fertig zu werden – und er gezwungen gewesen war, aus der zweiten Hälfte des Films schlau zu werden.
Zusätzlich zu Virginias Wortschwall hüpfte seine Tochter Ginny völlig aufgeregt vor ihm auf und ab. Die beiden wirkten, als stünden sie unter einem Zuckerschock.
Stone hob abwehrend eine Hand, um Virginia zumindest für einen Moment zum Verstummen zu bringen. „Noch mal“, forderte er seine Schwester auf. „Am besten ganz von vorne.“
Virginia schüttelte so ungeduldig den Kopf, dass ihr blonder Pferdeschwanz flog. „Für einen intelligenten Mann kannst du manchmal ganz schön begriffsstutzig sein.“
„Was natürlich nichts mit euch zu tun hat“, sagte er seufzend. Ganz egal, wie lange er übte, er würde nie so schnell reden können wie seine Schwester … oder seine Tochter. „Bitte erklär es mir noch einmal“, fügte er hinzu und warf einen Blick auf die Visitenkarte in seiner Hand. „Warum soll ich diese Frau anrufen?“
Virginia atmete tief durch und wiederholte die wichtigsten Fakten: „Die Nummer ist die von Maizie Sommers. Sie ist Immobilienmaklerin mit eigenem Büro. Sie sagt, sie sucht einen guten Handwerker, den sie ihren Kunden empfehlen kann.“
Stone hatte noch nie an Zufall oder Glück geglaubt. Es gab immer einen Haken bei etwas, das so positiv klang. Deshalb beäugte er die Visitenkarte in seiner Hand auch mit Misstrauen. „Sie ist also einfach so auf euch zugekommen, hat gesagt ‚hm, Sie sehen so aus, als würden Sie einen guten Handwerker kennen‘ und hat dir ihre Visitenkarte in die Hand gedrückt?“
„Natürlich nicht.“ Virginia schloss gequält die Augen und versuchte ihr Bestes, ihre Ungeduld zu zügeln. Ihr war bewusst, dass sie schrecklich aufgeregt war, aber was Maizie Sommers vorhin zu ihr gesagt hatte, hatte sie mit großer Hoffnung erfüllt. Es war schon viel zu lange her, dass sie ihren Bruder mehr als nur höflich hatte lächeln sehen.
Außerdem teilte sie die Abneigung ihrer Nichte gegen die Frau, mit der er gerade zusammen war. Virginia konnte sich einfach nicht für Elizabeth Wells erwärmen – und sie sich erst recht nicht als Ginnys Stiefmutter vorstellen. „Okay, ich fange noch mal ganz von vorne an. Aber diesmal hörst du mir gut zu, verstanden?“
„Ja, Ma’am.“ Stone salutierte spöttisch. Er hatte gerade ganz andere Probleme. Der Hausbesitzer, dessen Haus Stone hatte renovieren sollen, hatte nämlich im letzten Moment seinen Auftrag storniert. Stone war daher nicht gerade bester Laune. „Ja?“, hakte er ungeduldig nach.
Virginia holte tief Luft und beschloss, so dicht an der Wahrheit zu bleiben wie möglich, ohne ihrem Bruder zu verraten, dass er verkuppelt werden sollte. Wenn er nämlich auch nur den leisesten Verdacht hatte, würde er das Spiel nie mitspielen. Und seine Kooperation war nötig. Falls das Ganze nicht klappte, würde er zumindest etwas Geld verdienen.
Noch vor fünf Jahren war er Luft- und Raumfahrtingenieur gewesen, doch dieser Industriezweig war in Südkalifornien praktisch tot. Seitdem machte er das, womit er sich schon während des Studiums Geld verdient hatte: Häuser renovieren und umbauen. Leider sah auch die Auftragslage in der Baubranche nicht gerade rosig aus. Die Wirtschaftskrise forderte ihren Tribut. Renovierungen und Umbauten waren ein Luxus, den viele Menschen sich nicht mehr leisten konnten.
Virginia ging daher davon aus, dass ihr Bruder einen neuen Auftrag nicht ablehnen würde. Sie musste ihm nur plausibel darlegen, wie es dazu gekommen war. „Also, ich war mit Ginny Eis essen“, begann sie.
Stone sah sie genervt an. „Na toll, noch mehr Zucker!“ Er liebte seine Tochter mehr als sein Leben, aber sie konnte verdammt anstrengend sein. Zucker machte alles noch schlimmer. Er warf einen Blick auf seine einzige Tochter. „Hü