Diagnostik der AIS
Wie bei jedem medizinischen Problem steht am Anfang die genaue Abklärung. Tatsächlich kann der erste Schritt selbst gemacht werden.
Wie erkenne ich selbst eine Skoliose?
Bei vielen Betroffenen liegt ein Schultertiefstand auf einer Seite vor, d. h., beim Blick in den Spiegel fällt auf, dass die eine Schulter höher bzw. tiefer steht als die andere Schulter.
Zusätzlich haben viele Patienten eine Asymmetrie der »Taillendreiecke«. Auch dies ist im Spiegel selbst zu erkennen: Die Einwölbungen (Taillen) rechts und links am Bauch sind bei frontaler Ansicht im Spiegel von vorne nicht ganz symmetrisch.
Der Rippenbuckel und der▶ Lendenwulst sind vom Patienten selbst beim Blick in den Spiegel in der Regel nicht gut zu erkennen, weil sie hinten am Rücken liegen. Häufig fallen diese beiden Veränderungen allerdings den Familienangehörigen auf. Der wichtigste Diagnostik-Test zur Bestimmung von Rippenbuckel und Lendenwulst ist der »Vorneige-Test«. Bei diesem steht der Patient aufrecht und beugt dann den Rumpf bei gestreckten Beinen nach vorne. In dieser Vorneige kann man bei Aufsicht von hinten auf den Rücken den Rippenbuckel und den Lendenwulst optimal sehen. Wenn in Vorneige der Rücken rechts und links unterschiedlich hoch wirkt, sollte ein Arzt aufgesucht werden, der eine Skoliose-Diagnostik in die Wege leiten kann.
Ein weiterer Faktor ist der Rumpfüberhang: Normalerweise ist der Oberkörper mittig über dem Becken positioniert. Bei Skoliosen wandert häufig der Oberkörper etwas nach rechts oder links in Bezug zum Becken. Fällt man im Stand ein Lot von der Halswirbelsäule nach unten, so kommt es im gesunden Fall genau in der »Poritze« zum Liegen. Bei Skoliosen fällt das Lot häufig einige Zentimeter rechts oder links daneben. Dieser Effekt kann in der Regel nicht vom Patienten selbst gesehen werden, wohl aber von Familienangehörigen.
Oben: Rippenbuckel und Lendenwulst im Stand und in Vorneige.
Mitte: Im Idealfall rechts und links symmetrische Verhältsnisse beim Gesunden in der Transversalebene.
Unten: Situation bei Skoliosen: (a) Im Scheitel der Skoliose sind Wirbel und angrenzende Rippen verdreht um die Körperlängsachse. Zudem ist die Form der Rippen konkavseitig (b) und konvexseitig (c) ungleich. Beide Effekte führen zu Rippenbuckel und Lendenwulst.
Wenn bereits eine Skoliose bei einem Familienmitglied bekannt ist, sollte man besonders wachsam auf die genannten Auffälligkeiten achten, da die adoleszente idiopathische Skoliose, wie bereits erwähnt, zum Teil genetisch bedingt ist.
Siehe auch▶ »Was gehört zu einer klinischen Untersuchung?«.
Wie entstehen Rippenbuckel und Lendenwulst?
Bei einer Skoliose sind die einzelnen Wirbelknochen vor allem im Bereich des »Skoliose-Scheitels« (des Wirbels, der in der Frontalansicht am weitesten von der Mittellinie des Körpers entfernt ist) um die Längsachse der Wirbel verdreht. Dies nennt man Wirbelrotation.
Im Bereich der Brustwirbelsäule sind rechts und links Rippen an den Wirbelknochen fixiert. Wenn der Wirbel sich im Rahmen der Skoliose nun um seine Längsachse verdreht, so drehen sich die Rippen auf der einen Seite nach hinten und bilden den Rippenbuckel, auf der Gegenseite drehen die Rippen sich nach vorne und bilden das sogenannte Rippental. Zu diesem Dreheffekt der Rippen, welcher zum Rippenbuckel beiträgt, kommt hinzu, dass die Form der Rippen rechts und links bei Skoliose-Patienten nicht symmetrisch gleich ist, sondern dass die Rippen in der Regel komplett asymmetrisch gewachsen sind.
Im Bereich der Lendenwirbelsäule, an der es keine Rippen gibt, führt die Verdrehung der Lendenwirbel dazu, dass die Rückenmuskulatur, die auf den Querfortsätzen der Wirbel rechts und links liegt, auf der einen Seite nach hinten vorgewölbt wird, hier entsteht der Lendenwulst. Auf der anderen Seite schiebt sich die Rückenmuskulatur nach vorne.
Rippenbuckel und Lendenwulst zeigen sich besonders gut, wenn der Patient mit gestreckten Beinen steht und dann den Oberkörper nach vorne beugt (Vorneige-Test).
Was gehört zu einer klinischen Untersuchung?
Bei der klinischen Untersuchung einer adoleszenten idiopathischen Skoliose verschafft sich der Therapeut einen grundlegenden Überblick über die körperliche Situation des Patien