Kapitel 1Regen und Ratten
Der Tod war nichts, vor dem ich mich fürchtete, dafür hatte ich schon zu häufig mit ihm Bekanntschaft gemacht. Viel mehr ängstigte ich mich vor dem Moment, in dem der Tod wieder die Augen aufschlug – denn genau das war mir bei meiner ersten Leiche passiert. Einem menschlichen Mann mit bleichem Gesicht und starrem Körper, in den das Leben zurückkehrte, kurz nachdem ich seine Hosentasche nach etwas Essbarem oder Geld durchsucht hatte. Noch jetzt konnte ich seine knochigen Finger spüren, die sich um meinen Hals legten. Das Gefühl der Enge in meiner Kehle, den Moment, in dem er mir den Atem raubte …
Ich schüttelte die Erinnerung von mir ab und biss energisch die Zähne zusammen. Der Vorfall lag über ein Jahr zurück und durfte mich nicht mehr kümmern. Außerdem war der Mann, vor dem ich jetzt im strömenden Regen kniete, mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit tot.
Seine Augen waren blicklos auf den Himmel gerichtet, sein Körper eiskalt und steif. Über die fahle Haut zogen sich Totenflecken, unschöne Verfärbungen, die sich auch auf seinem Gesicht wiederfanden.
Ich musste schnell sein, sonst kamen mir andere zuvor. Einen bangen Blick über die Schulter werfend, nestelte ich an seinem Hemd, öffnete die Knopfleiste, bis er entblößt vor mir lag. Ein feiner Flaum zog sich über seinen ausgemergelten Bauch, unter dem die Rippen einzeln durchschimmerten. Dieser Mann hatte Hunger gehabt.
So wie wir alle.
Mit flinken Fingern durchsuchte ich seine Kleidung, den drecki