: Andreas Reckwitz
: Verlust Ein Grundproblem der Moderne | Die erste umfassende Studie zum zentralen gesellschaftlichen Thema Verlust
: Suhrkamp
: 9783518780640
: 1
: CHF 35.00
:
: Soziologie
: German
: 463
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

letscher schmelzen, Arbeitswelten verschwinden, Ordnungen zerfallen. Verluste bedrängen die westlichen Gegenwartsgesellschaften in großer Zahl und Vielfalt. Sie treiben die Menschen auf die Straße, in die Praxen der Therapeuten und in die Arme von Populisten. Sie setzen den Ton unserer Zeit. Während sich die Formen ihrer Bearbeitung tiefgreifend verändern, scheinen Verlusterfahrungen und Verlustängste immer weiter zu eskalieren. Wie ist das zu erklären? Und was bedeutet es für die Zukunft?

Andre s Reckwitz leistet Pionierarbeit und präsentiert die erste umfassende Analyse der sozialen und kulturellen Strukturen, die unser Verhältnis zum Verlust prägen. Unter dem Banner des Fortschritts, so legt er dar, wird die westliche Moderne schon immer von einer Verlustparadoxie angetrieben: Sie will (und kann) Verlusterfahrungen reduzieren - und potenziert sie zugleich. Dieses fragile Arrangement hatte lange Bestand, doch in der verletzlichen Spätmoderne kollabiert es. Das Fortschrittsnarrativ büßt massiv an Glaubwürdigkeit ein, Verluste lassen sich nicht mehr unsichtbar machen. Das führt zu einer der existenziellen Fragen des 21. Jahrhunderts:Können Gesellschaften modern bleiben und sich zugleich produktiv mit Verlusten auseinandersetzen? Ein wegweisendes Buch.



Andreas Reckwitz, geboren 1970, ist Professor für Allgemeine Soziologie und Kultursoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und war Fellow im Thomas Mann House in Los Angeles. Sein Buch<em>Die Gesellschaft der Singularitäten</em> wurde 2017 mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet und stand 2018 auf der Shortlist des Sachbuchpreises der Leipziger Buchmesse. 2019 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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Einleitung: Verlust als Grundproblem der Moderne


Tuvalu versinkt im Meer. Der Inselstaat inmitten des Pazifischen Ozeans büßt jedes Jahr einen Teil seiner Landfläche ein. Ihr allmähliches Verschwinden und die Folgen, die es für die dort bisher lebenden Menschen hat, ist nur ein besonders plastisches Beispiel für die Schädigungen, die der Klimawandel global bewirkt. Der Hurrikan Katrina hat 2005 imUS-Bundesstaat Louisiana eine Spur der Verwüstung nach sich gezogen, Kalifornien wird fast jährlich von verheerenden Waldbränden heimgesucht, regelmäßig plagen tödliche Hitzewellen Indien und Pakistan. Auch in Europa sind die Folgen der klimatischen Verschiebungen längst zu spüren: In Spanien und Italien gehen immer größere Flächen für die Landwirtschaft verloren, Irland war 2017 vom Hurrikan Ophelia betroffen, in Deutschland häufen sich die Flutkatastrophen mit beträchtlichen Schäden. Und im Hintergrund dieser s