: Wolfgang Venohr
: Stauffenberg Symbol des Widerstands
: LangenMüller
: 9783784484907
: 1
: CHF 16.60
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: 20. Jahrhundert (bis 1945)
: German
: 380
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
20. Juli 1944 mittags - in Hitlers Hauptquartier 'Wolfsschanze' explodiert die von Stauffenberg abgestellte Zeitzünderbombe. Fünf Menschen verlieren ihr Leben, Hitler, das Ziel des Attentats, kommt leicht verletzt davon. Stauffenberg fliegt in der Annahme, Hitler getötet zu haben, nach Berlin, um dort den Umsturz zu leiten ... Was war Stauffenberg für ein Mensch? Welche Motive leiteten ihn? Nach jahrzehntelangem Studium von Quellen und Zeitzeugenberichten zeichnet Venohr in einer außergewöhnlichen Charakterstudie ein neues, von allen Legenden und vielen Entstellungen gereinigtes Bild des Aristokraten, Offiziers und vor allem des Patrioten Stauffenberg, der noch am Abend des Attentats hingerichtet wurde.

Die Reichswehr 1926–1933

Am 5. März 1926 verließ der achtzehnjährige Claus v. Stauffenberg tiefaufatmend das Gymnasium. Er hatte das Abitur geschafft, was gar nicht so sicher gewesen war. Denn in den letzten zwölf Monaten vor der Abschlussprüfung hatte er sich nur mit Krankheiten herumgeschlagen, die Schule nicht besuchen können und dafür in Lautlingen Privatunterricht genommen, in der frischen, erholsamen Luft der Schwäbischen Alb. So war er auch nur als Externer, als »außerordentlicher Teilnehmer« zu den Prüfungen zugelassen worden, und sein Abschlusszeugnis sah dementsprechend wenig glänzend aus. In den meisten Fächern hatte er dünnes »befriedigend«, in Latein nur »ausreichend«, lediglich in Geschichte, Französisch und Mathematik erhielt er die Note »gut«.

Das Erstaunlichste aber an Stauffenbergs Abiturzeugnis war etwas anderes, nämlich die Angabe seines Berufsziels: Offizier.

Niemals hatte der junge Mann seinen Freunden und Verwandten gegenüber den Wunsch erkennen lassen, Soldat zu werden. Wie sollte er auch? Seine labile Gesundheit prädestinierte ihn mitnichten für den militärischen Beruf. Seine musischen Neigungen und poetischen Veranlagungen wiesen in andere Richtungen. Bis wenige Tage vor dem Abitur hatte er davon gesprochen, Architekt zu werden; manchmal, wenn auch selten, den Beruf des Cellisten genannt. Und nun auf einmal, ohne Rücksprache mit den Eltern, ohne Diskussion mit den Brüdern, plötzlich und überraschend, knapp und endgültig: Offizier.

Was war seine innere Motivation? Was hatte diesen bemerkenswerten, diesen »sensationellen« Entschluss bewirkt? Stauffenberg selbst hat sich darüber nicht geäußert. Aber aus der Rückschau darf man wohl vier erhellende Stichworte nennen: Stefan George – den I. Weltkrieg – das Versailler Diktat – Goethe und Gneisenau.

George hatte ja seine Anhänger dazu aufgerufen, dem Ganzen zu dienen, freiwillig für die Allgemeinheit Verantwortung zu übernehmen. Stauffenberg kannte auch das »einem jungen Führer im ersten Weltkrieg« gewidmete Gedicht Stefan Georges. Nirgends anders als im Heer schien sich das Ethos der Tat zu manifestieren, dem sich der junge Stauffenberg verpflichtet fühlte und dem er sich mit ganzer Hingabe verschreiben wollte.

Er hatte natürlich – wie alle seine Altersgenossen – auch Ernst Jüngers Weltkriegsbestseller »In Stahlgewittern« gelesen. Der hochdekorierte Leutnant Jünger hatte darin geschrieben, dass ihm aus Feuer und Blut, aus dem Dreck und Elend der Materialschlachten die Idee des Vaterlandes umso reiner hervorgeschmolzen sei. Das Bild des deutschen Grabenkämpfers, der vier Jahre lang einer Welt von Feinden standhielt, musste auch Stauffenbergs leidenschaftliche Sinne gefangen nehmen. Es galt, einem heroischen Beispiel nachzueifern, sich der Gefallenen würdig zu erweisen. Als er bereits Soldat und Fahnenjunker war, 1928/29, las er Ludwig Renns »Krieg« und Karl Federns »Hauptmann