Kapitel 1
»Verfluchte Scheiße!« Mein bester Freund Cam klopft mir im Vorbeigehen auf die Schulter. »Das war knapp!« Als er sich den Helm vom Kopf zieht, kommt sein Sonnyboy-Grinsen zum Vorschein, und seine Haare fallen ihm verschwitzt in die Stirn.
»Mach dir nicht ins Hemd, Malone.« Ich gebe mich betont locker, auch wenn meine Knie nach wie vor zittern vor Anspannung. »Wir haben es gerockt.«
»Wie immer.« Lawrence McGhee, unser Center und mein zweitengster Freund, lacht tief und schüttelt dabei den Kopf.
Es ist tatsächlich anmaßend, nach einem Spiel wie diesem große Sprüche zu klopfen und sich auf unsere Souveränität zu berufen. Jeder von uns weiß ganz genau, dass es pures Glück war, dass wir gegen South Carolina gewonnen haben. Wir brauchten den Sieg, um in wenigen Wochen mit einem guten Gefühl in die Playoffs zu starten. Vielleicht war deswegen die Anspannung so groß, und wir haben uns in den ersten beiden Vierteln jede Menge Patzer erlaubt. Möglicherweise ist aber auch einfach die Luft raus. Es war eine lange Saison.
Nachdem wir letztes Jahr bereits den Championtitel geholt hatten, waren die Erwartungen an die Mannschaft dieses Jahr noch größer, und wir wollten die Fans nicht enttäuschen. Aber nicht nur sie. Auch uns selbst.
Für meine Freunde und mich ist es das letzte Jahr am College. Die letzte Saison, die wir für die Cape Coral Tigers auf dem Feld stehen. Ein Großteil der Mannschaft macht in wenigen Monaten den Abschluss, und auch wenn die Tigers weiter existieren, wird das Team nie wieder so sein wie jetzt.
Allein bei dem Gedanken daran wird mir schon schlecht. Seit Jahren geben wir alles für diesen Verein. Die Jungs sind meine Familie. Wenn ich mir vor Augen halte, dass das alles in weniger als fünf Monaten vorbei ist, möchte ich heulen.
Aber noch ist es nicht so weit. Wir haben noch ein Spiel in der Regular Season vor uns, dann starten in knapp drei Wochen die Playoffs.
»Alter, wir holen uns auch dieses Jahr das verdammte Ding.« Während ich mich aus Trikot und Schulterpolstern befreie, kann ich mir ein breites Grinsen nicht verkneifen. Es gibt nur zwei Dinge, die mich diese Euphorie spüren lassen, die gerade in rasendem Tempo durch meine Venen schießt. Football und Sex. Wobei Ersteres immer Prio eins sein wird. »Zwei Championships hintereinander – und dann, meine Freunde, wird es ernst.«
McGhee, der bereits nackt ist, wie Gott ihn schuf, hebt die Hände vor den massigen Körper und wackelt mit seinem knackigen Arsch. Dabei singt er: »NFL!NFL!«, gibt aber acht, seine Stimme gesenkt zu halten.
Der Coach steht nicht gerade darauf, wenn wir euphorisch sind und uns für etwas feiern, das wir noch nicht erreicht haben.
Wahrscheinlich fängt sich unser Überflieger deswegen von Cam einen Schlag auf den Hinterkopf ein.
»Lass den Scheiß!« Mein bester Freund kann allerdings nichts dagegen tun, dass auch seine Mundwinkel nach oben wandern. Auch wenn Cam als Quarterback der Musterschüler und unser kleiner Moralapostel ist, tickt er im Inneren wie wir alle.
Im Grunde hat es nichts mit Arroganz zu tun, auch wenn der Coach uns das weismachen will. Wir werden es im April in dieNFL schaffen. McGhee, Cam und ich. Sogar Zac und James Blanco haben verflucht gute Chancen. Für ein paar der Jungs steht die ganz große Karriere auf der Kippe, aber bei uns müsste es schon Teufelswerk sein, wenn wir es nicht hinkriegen sollten.
In dieNFL gedraftet zu werden, ist der Traum, dem wir alle seit Jahren folgen, und nun ist er zum Greifen nah. Wir werden bei den besten Teams des Landes spielen. Einige von uns könnten es bis in den Superbowl schaffen, und wir werden mehr Kohle verdienen, als wir ausgeben können.
Ich warte seit Jahren auf diese Chance, und ich werde sie ergreifen, wenn sie da ist. Ich werde mich von allem lösen, was mich bisher gehalten hat. Mir neue Wurzeln wachsen lassen und die alten endgültig kappen.
Ich werde Betty und mir ein schickes Haus kaufen und ihr alles ermöglichen, was sie verdient hat. Und dann lebe ich meinen fucking Traum und scheiß auf den Rest der Welt.
Cam schwingt sich ein Handtuch über die nackte Schulter und sieht mich dabei flüchtig an. Ohne eine Regung kann ich die Worte deutlich in