: Sandra Geissler
: Zwischen Gedanken Von hohen Ansprüchen, dem Boden der Tatsachen und der Kunst, mittendrin zu glauben
: Neukirchener Verlagsgesellschaft
: 9783761569757
: 1
: CHF 11,50
:
: Christliche Religionen
: German
: 147
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Buch über die Zwischenräume des Herzens, des Lebens und des Glaubens. Jene Grenzbereiche und Grauzonen zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Idealbild und echtem Leben. Sie tun sich auf zwischen unserer Zuversicht und unseren Zweifeln, zwischen dem Wunsch zu vergeben und dem Impuls nach Vergeltung, zwischen Gott und den eigenen Götzen, zwischen dem Streben danach, eine möglichst gute Mutter, Kollegin, Ehefrau, Chefin, Tochter und Freundin zu sein, und dem wahren Leben. Jene Räume zwischen der tiefen Sehnsucht, ein ordentliches Christen- und Menschenleben zu führen, und dem, was das eigene Herz vermag. Authentisch, ehrlich und Mut machend erkundet Sandra Geissler diese Zwischenräume, Grauzonen und Grenzbereiche und stellt fest: Wir müssen genau dort unseren Platz finden und lernen, die Spannung nicht nur auszuhalten, sondern gut und erfüllt mit ihr zu leben. Und wir können anfangen, die eigenen ungeliebten Grenzen als Chancen zu erkennen. Leichter gesagt, als getan. Genau darum drehen sich die inspirierenden 'Zwischengedanken' in diesem Buch.

Sandra Geissler, geb. 1976, ist katholische Theologin und Pastarolreferentin. Sie liebt, das große Glück in den kleinen Dingen des Alltags zu finden. Mit ihrer Familie lebt sie in Nierstein am Rhein. Sie schreibt u.a. für die Zeitschrift Family und auf ihrem Blog 7geisslein. Auf Instagram ist sie unter @sandra7geisslein zu finden.

 

 

1. Zwischen Wollen und Können

An einem kalten, trüben Herbsttag stand ich zum ersten Mal in einem Haus, das offensichtlich schon ein wenig in die Jahre gekommen war. In meinem Arm lag ein kleines Babymädchen und an der Hand hielt ich unseren zweijährigen Sohn, neben mir mein Mann. Vom ersten Moment an wusste ich, dass dies unser neues Zuhause werden sollte. Es war eine dieser tiefen, inneren Gewissheiten, die man nur ganz selten verspürt, die aber keine Widerrede dulden. Hier war der Ort, an dem unsere kleine Familie ankommen und Heimat finden sollte. Auch wenn die abgelaufenen Böden, die dunklen Holzdecken und angeknacksten Fliesenspiegel in Beige auf den ersten Blick nicht eben ansprechend wirkten. Diese Familie brauchte dringend einen guten Ort zum Wachsen und Werden, denn die letzten Jahre waren sehr turbulent und herausfordernd gewesen. Einen Ort, um sich daheim zu fühlen, um zur Ruhe zu kommen und einen neuen Anfang zu wagen. Wir machten uns an die Arbeit und aus dem alten 80er-Jahre-Haus ein Zuhause. So ein neuer Anfang in neuen vier Wänden ist eine großartige Gelegenheit, zu gestalten, zu planen und umzusetzen, was zu dir und den deinen passt. Gleich, ob du ein altes Haus in ein neues Daheim umwandelst, selbst ein ganz neues baust oder eine Mietwohnung frisch beziehst, jetzt ist die Gelegenheit, alles so einzurichten, wie du es brauchst und haben möchtest. Bestimmt gibt es jede Menge Vorstellungen und Bilder, wie dieses Daheim künftig aussehen soll. Was brauchst du, damit du dich wohl und geborgen fühlst, welche Farben an den Wänden, welche Möbel in den Zimmern, welche Böden in den Räumen? Falls die Bilder in deinem Kopf nicht ausreichen, kannst du dir ohne Mühe zahllose neue Inspirationen herbeiholen: Öffne nur Pinterest, Instagram oder den Möbelhauskatalog. In meinem Kopf stapelten sich damals die Idealbilder eines perfekten Zuhauses, gespeist aus Hochglanzmagazinen, Neubaugebieten und den Einrichtungsvorschlägen großer Möbelhäuser. Dem Himmel sei Dank gab es kein Internet in der heutigen Form, denn es hätte meine Hirnkapazitäten auf jeden Fall zum Überhitzen gebracht. Schon sohätte ich diese Mauern mit Leichtigkeit gleich mehrere Male einrichten und immer neu gestalten können. Italienische Wandfarben, Echtholzböden, spanische Fliesenspiegel und eine Küche aus honigfarbenem Kirschholz. Oder doch lieber den gepflegten skandinavischen Landhauslook? Der Charme eines englischen Cottage in Rheinhessen? An Ideen und Idealvorstellungen mangelte es mir wahrlich nicht. Entscheidungshilfe nahte auf sehr pragmatische Weise. Es fehlte uns schlicht an Geld, an Kraft und an Zeitfür alle hochtrabenden Spielarten der Innenarchitektur. Seufzend nahm ich Abschied von der Idee durchgestylter Innenräume, schlug die glänzenden Kataloge zu und das echte Leben auf. Es galt nicht, die Seiten eines Hochglanzmagazins zu gestalten, sondern ein echtes Daheim mit realen Mitteln und Möglichkeiten. Wir sollten keinen Architekturpreis gewinnen, sondern Geborgenheit und Seelenfrieden. Im Laufe der Jahre ist dieses alte Haus geworden, wozu es gedacht war und ist: ein wirkliches Zuhause, ein Zufluchts- und Ruheort. Es scheint nie fertig werden zu wollen, immer gibt es etwas zu tun und zu gestalten. Jahr um Jahr gehen wir neue Projekte an und freuen uns, wenn sie gelingen und es wieder ein wenig schöner geworden ist. Unser Haus ist ein Spiegel der Menschen, die in ihm leben. Es verändert sich und seine Gestalt ebenso, wie seine Bewohner es tun. Seine Räume und Wände erzählen die kleinen und großen Geschichten des Lebens, immer noch Raufaser statt Textiltapete. Ein Unikat, ein Original, unbezahlbar und f