Herzgrenze Sabrina - Band 8
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Regina Schleheck
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Herzgrenze Sabrina - Band 8
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Novo Books
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9783961273645
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Sabrina
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1
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CHF 1.80
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Erzählende Literatur
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German
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93
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kein Kopierschutz/DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF/ePUB
Als ihr Vater gestorben ist, kehrt Konstanze auf den Stammsitz ihrer Familie zurück. Doch Gut Lüderitz, wo sie einst eine glückliche Kindheit verbracht hatte, ist ihr fremd geworden. Was soll sie jetzt nur mit dem sanierungsbedürftigen Gutshaus und den zugehörigen Ländereien anfangen? Als sie das Angebot erhält, das Gut zu verpachten, um dort eine Luxusklinik und für sich einen Wohnsitz in einem der Nebengebäude einzurichten, stimmt sie zu. Dann lernt sie Dr. Marek Stefan kennen, den jungen Arzt, der die Klinik leiten soll, kommt dieser ihr seltsam vertraut vor und sie entwickeln schnell Gefühle füreinander. Doch als sie erkennt, dass Marek offenbar ein Verhältnis mit Lukretia Müller, der skrupellosen Investorin hat, bricht in ihr eine Welt zusammen. Sie flieht nach Berlin und will sich einer gemeinnützigen Organisation anschließen, um für diese in Afrika zu arbeiten. Doch Marek Stefan kämpft um ihre Liebe und bemüht sich, das Missverständnis aufzuklären. Wird es ihm gelingen ihre Liebe zu retten?
Es war ein Sommertag, wie es viele Jahre keinen mehr gegeben hatte. Die Sonne schien warm vom Himmel, aber ein leichter Wind sorgte für angenehme Erfrischung. Die Luft war voller Düfte, es roch nach dem Laub der großen Bäume, dem frisch gemähten Gras und nach den rosa und weißen Blüten der Wildrosenbüsche neben der Treppe. Nachdem der bärbeißige alte Verwalter sie allein gelassen hatte, stand Konstanze nachdenklich vor dem prächtigen alten Herrenhaus mit der großen Freitreppe und sah zu den kunstvoll geschnitzten Türflügeln hinauf. Das Wappen derer von Lüderitz war in den oberen Teil eingearbeitet worden, der Falke mit der Ähre im Schnabel und dem Kreuz in den Fängen. Wind und Wetter hatten das Eichenholz schwarz gefärbt, aber es doch nicht angreifen können. Die Fassade war geprägt von dieser Eingangstür, deren dunkles Holz sich auch in den Fensterflügeln wiederfand. Drei Etagen übereinander gaben die Fenster den Blick frei auf das weite Land, das sich in westlicher Richtung bis hin zum Müritzsee erstreckte. Ein prächtiges Land und ein prächtiges Haus, auch wenn man sehen konnte, dass der Putz an vielen Stellen ausgebessert und die Scheiben mehrerer Fenster überklebt waren. 'Es ist allerhöchste Eisenbahn', hatte der alte Hornemann gesagt und sich dabei die Enden seines mittlerweile schlohweißen, aber immer noch imposanten Schnurrbartes gezwirbelt. 'Wenn Sie nicht bald die notwendigen Investitionen vornehmen, gnädiges Fräulein, dann wird die Bausubstanz wohl nicht mehr zu retten sein.' Er hatte sie durch sämtliche Räume geführt, bis hinauf auf den Dachboden, ihr die Stallungen und Nebengebäude gezeigt, und dann war er mit ihr bis zu der Kapelle gegangen, hinter der der kleine Friedhof lag, auf dem seit dem 17. Jahrhundert ihre Ahnen, die Freiherren von Lüderitz, beigesetzt worden waren. Ein Grab war mit frischen Blumen bepflanzt gewesen, ganz so als wäre der Mensch, der dort begraben lag, erst kürzlich gestorben. Während Jakob Hornemann respektvoll in gebührendem Abstand wartete, hatte Konstanze lange am Grab der Mutter gestanden, die vor vielen Jahren nach einer kurzen schweren Krankheit von ihnen gegangen war, so früh, dass die kleine Konstanze kein eigenes Bild von ihr in ihrem Gedächtnis hatte festhalten können, aber den Eindruck, dass der Vater sie außerordentlich geliebt haben musste. Nie wieder hatte er eine andere Frau an seiner Seite geduldet, und das Porträt von Konstanzes Mutter war das einzige Bild gewesen, das er bei ihrem überstürzten Wegzug mitgenommen hatte. So viele Erinnerungen wurden in Konstanze wach, als sie dem treuen Verwalter gefolgt war. All die Orte ihrer glücklichen Kindheit! Sie sah sie nach so langer Zeit wieder und vermochte sie doch kaum wiederzuerkennen. So vieles, das ihr sehr vertraut und doch so anders war, als sie es in ihrem Gedächtnis bewahrt hatte ... Wo waren die blühenden Blumenbeete vor dem Haus geblieben? Der gepflegte Gemüsegarten, der der Haushälterin Anna ganzer Stolz gewesen war, war ein brennnesselüberwuchertes Stück Acker. Harre, den treuen Schäferhund-Mischling, gab es nicht mehr. Er war der kleinen Konstanze bei ihren Gängen außer Haus stets auf Schritt und Tritt gefolgt. - Sie mussten ein lustiges Paar abgegeben haben ... Der Hund hatte das kleine Mädchen um mehr als einen halben Kopf überragt, daran erinnerte sich Konstanze noch. Er habe den Weggang der Familie nur um ein Jahr überlebt, hatte Jakob Hornemann ihr eben erzählt. In seinen Briefen war von dem Tod des geliebten Freundes keine Rede gewesen. Oder hatte Konstanzes Vater ihr die entsprechenden Passagen einfach nicht vorgelesen, um seine Tochter nicht traurig zu stimmen? Was für ein erhebendes Gefühl war es gewesen, als sie zum ersten Mal wieder durch die schweren Eichenflügel das Haus betreten durfte, das sie so vertraut umfing, als sei sie nie fort gewesen! Die einst so eindrucksvolle Eingangshalle, das ehemalige Herrenzimmer, in dem die Bilder der Ahnen gehangen hatten, war jetzt ein nackter Raum mit stockfleckiger Tapete. Nur wenige von den schweren dunklen Eichenmöbeln waren übriggeblieben, hinter denen Konstanze sich als kleines Mädchen so gerne versteckt hatte, wenn das Kindermädchen sie zu häuslichen Pflichten rief. Der große Tisch und die Stühle standen noch in der Mitte der Halle. Aber über dem Tisch baumelte nur eine einsame Glühbirne an einem Kabel. Der schwere Kristalllüster war weg. Der Kamin gähnte als schwarzes Loch in der Wand. Die großen Ledersessel, die davorgestanden hatten, waren fort, das schmiedeeiserne Gitter fehlte, die Bilder, die Anrichten und Beistelltische ... Wo war die ganze Pracht der Kindheit hin verschwunden? Konstanze blickte auf die Fassade des Herrenhauses. Der abblätternde Putz, die kaputten Fenster, das Dach, von dem sich die Dachziegel an einigen Stellen schon verabschiedet hatten, von dem Verwalter nur notdürftig mit Teerpappe geflickt ... Konstanze seufzte. Sie war selig und betroffen zugleich. So hatte sie sich das alles nicht vorgestellt ... Was war das ein Glücksgefühl gewesen, als sie von Dr. Börner Bescheid bekommen hatte, dass das alte Landgut an der Müritz in den Besitz ihrer Familie zurückkehren sollte! Nach so vielen Jahren des Rechtsstreits, die ihren Vater schließlich ins Grab gebracht hatten, war ihm doch vier Jahre nach seinem Tod endlich Genugtuung zuteilgeworden. Es war Konstanze als letzter Nachfahrin des alten Geschlechts derer von Lüderitz nichts anderes übriggeblieben, als ihren Vater auf dem Lohfelder Friedhof in Ostwestfalen-Lippe beizusetzen, obwohl es doch sein sehnlichster Wunsch gewesen war, auf der Scholle seiner Väter und neben seiner geliebten Frau Elisabeth zur ewigen Ruhe gebettet zu werden. Konstanze hatte sich damals geschworen, dass sie seinen Kampf fortsetzen und zumindest seinen sterblichen Überresten zur Heimkehr auf das Familiengut verhelfen würde. Und eines Tages war es dann endlich so weit gewesen. Dr. Börner hatte Tränen in den Augen, als er ihr die Besitzurkunde aushändigte. 'Das hätte Karl erleben müssen', sagte er. 'Ich habe mir selbst so oft Vorwürfe gemacht, Konstanze, dass es mir nicht gelungen ist, ihm die Zuversicht einzuflößen, die er doch so dringend gebraucht hätte. Ich hätte ihm mehr Mut machen sollen, dass er letzten Endes doch noch zu seinem Recht kommen würde. Aber die Sache stand schlecht damals.' Ja, das Landgut war von einem ehemaligen