Teil zwei:
Verändern
Mit deiner Heilung veränderst du deine
Beziehung zu anderen und zu dir selbst,
weil du aufhörst, deine Bedürfnisse
als zweitrangig zu betrachten.
Im zweiten Teil dieses Buches wirst du lernen zu verstehen, was es braucht, damit du zu dem Menschen wirst, der du sein willst. Mach dir bewusst, dass Veränderung schwierig sein kann, vor allem, wenn du etwas verändern möchtest, was du schon jahre- oder sogar jahrzehntelang so gemacht hast. Veränderung muss aber nicht immer dramatisch sein. Sie kann in kleinen Schritten erfolgen. Du legst dein eigenes Tempo fest und entscheidest, wo genau und wie du starten möchtest.
Jenseits der Maske –
Die Wege zu deinem authentischen Selbst
Die Frage nach dem Selbst beschäftigt uns Menschen schon seit Jahrhunderten, die Forschung des Selbstkonzepts allerdings begleitet uns erst seit circa fünfzig Jahren. Heute wird davon ausgegangen, dass unser Selbst multidimensional ist, d. h. das Wissen über uns als Person setzt sich aus spezifischen Teilbereichen zusammen, die ein ganzheitliches Bild formen. Wie genau diese Teilbereiche strukturiert sind, ist unklar.31 Worüber sich die Forschung allerdings einig ist, ist der Fakt, dass nicht alle unserer Selbstkonzepte immer und überall verfügbar und abrufbar sind. Man ist sich mittlerweile sicher, dass das Selbst kein festgeschriebenes Buch mit klar definierten Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmalen ist. Vielmehr wird zwischen einem »working self« und den »possible selves« unterschieden.
Bevor wir tiefer in die die Theorie des Selbstkonzepts eintauchen, darfst du dich von dem Glauben entfernen, dass tief in dir dein einzig wahres Selbst oder dein »wirkliches Ich« schlummert, das du laut vieler Coaches und Gurus nur entdecken musst, um ein glückliches Leben zu leben. Die Wahrheit ist: Ein »wahres Selbst« gibt es nicht. Dein Selbstkonzept entwickelt und passt sich täglich an die sich verändernden Umstände an. Es ist wandelbar und wunderbar. Du bist schließlich jetzt auch nicht derselbe Mensch, der du vor fünf Jahren warst. Was für dich früher wichtig war oder zu deiner Persönlichkeit zählte, kann zum heutigen Zeitpunkt keine Bedeutung mehr haben. Und genau das ist das Tolle daran. Je nachdem, welchen Herausforderungen du dich gerade stellen musst, rücken die Persönlichkeitsanteile hervor, die du gerade brauchst (oder manchmal auch diejenigen, die lieber im Verborgenen hätten bleiben sollen). Mach dir bewusst, dass es völlig normal ist, dass du in manchen Momenten freundlich und zuvorkommend bist und dich in anderen Momenten wie die Oberdiva Miranda Priestley aus »Der Teufel trägt Prada« verhältst. Es ist durchaus möglich, im Laufe der Zeit oder sogar innerhalb eines Tages komplett verschiedene Persönlichkeitsanteile zu zeigen. Statt dich auf die unendliche Suche nach deinem wahren Selbst zu begeben, solltest du vielmehr versuchen, deine inneren Anteile besser kennenzulernen. Es ist auch möglich, dass du in ein- und derselben Situation unterschiedliche Selbstanteile zeigst. Du kannst über einen Witz lachen und dich im nächsten Moment persönlich angegriffen fühlen. Mit manchen Menschen kannst du einfach über alles reden, andere dagegen schüchtern dich ein und du bekommst kein Wort raus. Um dich selbst zu verstehen, solltest du deine Vorstellungen darüber, wie du sein solltest, ablegen. Glaubenssätze wie »Ich bin immer zuverlässig.« oder »Ich muss Everybody’s Darling sein.« üben einen unfassbaren Druck auf dich aus.
Dasworking self ist das Selbstkonzept, das wir im Hier und Jetzt wahrnehmen und abrufen können. Diepossible selves dagegen sind Selbstkonzepte, die in der Zukunft liegen. Sie beinhalten unsere Ziele, Ängste und Hoffnungen. All das ist nicht jederzeit abrufbar, befindet sich in unserem Unterbewusstsein und kommt nur dann an die Oberfläche, wenn wir es gerade für nötig halten. Es sind besonders diese Komponenten unseres Selbst, die eine direkte Verbindung zwischen Motivation und Kognition darstellen. Zu denpossible selves zählen diepresent selves. Das sind deine gegenwärtigen Ansichten über deine Person. Deine Sicht auf dich selbst hat direkten Einfluss darauf, wie du dich in Zukunft verändern oder weiterentwickeln möchtest. Genauso können deinepast selves deine Selbstwahrnehmung aus früheren Erfahrungen aktivieren. Beispielsweise kannst du als Lehrer nicht mehr zurück in die Rolle des Schülers rutschen. Du kannst dich aber dank deinerpast selves daran erinnern, wie es einmal war, Schüler gewesen zu sein, was wiederum deinen Umgang und deine Wahrnehmung auf deine aktuelle Situation prägen kann.32 Ein weiterer Teil des Selbstkonzepts sind dienot-me-selves, also Versionen deiner Selbst, die du auf gar keinen Fall in der Zukunft sein möchtest.33 Indem wir unsere Gefühle, Gedanken, Eigenschaften und unser Verhalten mit anderen Menschen aus unserem Leben vergleichen, formen wir unserideal self. Dieser Teil des Selbstkonzepts sagt aus, welche Person wir in der Zukunft sein möchten. Wie oft haben wir uns schon vorgenommen, ordentlicher, fleißiger, sportlicher, klüger oder sogar netter zu sein? Diese guten Vorsätze begleiten uns ständig und beruhen im Grunde genommen auf unseren (meist unbewussten) Vergleichen mit anderen Menschen.34
Es ist wichtig, dass du verstehst, dass es nicht deine fehlende Willenskraft oder Motivation ist, die dich an einem erfüllten Leben hindert. Denn das, was dich feststecken lässt, ist dein Leben im Autopilotenmodus. Für die meisten von uns verläuft jeder Tag mehr oder weniger gleich. Wir steh