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»Buongiorno Signora Lombardi, möchte probiere sardische pomodori? Freschi e sodi!«
»No grazie Luigi, heute brauch‘ ich nur frische Kräuter«, dabei deutete Loretta mit der Hand zur entgegengesetzten Seite des Marktstandes.
»Hast du nicht gehört, Luigi, sie will weder Tomaten noch deinen Dackelblick! Macht vier Franken fünfzig, Frau Lombardi und einen Franken für Ihre Gedanken«, Elsie lachte rau, wie sie es sich nach bald dreißig Ehejahren mit Luigi angeeignet hatte und reichte zwei üppige Sträuße Rosmarin und Thymian über die Gemüse- und Kräuterauslagen.
»Elsie, Sie haben heute noch Glück! Sie haben gereimt«, und mehr zu sich selbst murmelte Loretta: »Und ehrlich, meine Gedanken wollen Sie nicht wissen«, denn sie wollte sie selbst vergessen. Vielleicht half eine selbstgebackene Kräuter-Quiche über den letzten, massiv verstörenden Fall hinweg.
Luigi stand noch immer grinsend da. Allerdings galt sein Grinsen weniger den fleischigen, prallen Tomaten in seinen Händen als Lorettas wohlgeformter Figur, die an diesem frühlingshaften Samstag sehr sexy im legeren Jeans-Pullover-Outfit daherkam. Eigentlich hätte sie ihm in ihrer Stimmung gerne eine scharfe Bemerkung entgegengeschleudert, aber irgendetwas lockerte sich in ihr und sie musste lachen. Ein befreiendes Lachen. Als hätte jemand mit den Fingern geschnippt und sie wach gemacht. Luigi, auch mit gut fünfzig, lückenhafter Zahnleiste und entstehendem Bauch ein Draufgänger und Bewunderer weiblicher Reize, war vielleicht nicht die Erweckung, die sich eine attraktive Frau erträumte, aber er hatte immer noch diesen italienischen Charme, der einfach nicht zu überbieten war und der auf Loretta so belebend wirkte.
»Ach, Frau Lombardi, Glück kann ich gebrauchen. Meine Schwester hat ihren Mann verloren. Also nicht eigentlich verloren – aber man weiß nicht, wo er ist. Er ist im Tessin verschwunden.«
Elsie hatte blitzartig die Stimmung gewechselt und schaute Loretta ernst an, die immer noch leicht belustigt die Kräuter zuoberst in den Einkaufskorb legte, dann aber ungläubig nachhakte:
»Im Tessin verschwunden?« Insgeheim dachte sie: »Na gut, das könnte mir auch glatt passieren. Bella Ticino.« Sie weigerte sich in dem Moment, etwas Bedrohliches zu vermuten: »Die italienische Schweiz war für ihre wildromantische Landschaft bekannt, für ihre romanischen Kirchen und die hervorragende Küche, aber nicht für Gräueltaten«, ging es ihr durch den Kopf.
»Ja, hab‘ ich das nicht mal erzählt. Sie haben da ein Ferienhaus. Das können Luigi und ich ab und zu auch nutzen. Aber wir haben ja selten Zeit.«
»Und Geld«..., dachte Elsie, besann sich dann aber darauf, was sie eigentlich sagen wollte.
»Alex ist am Mittwoch gefahren und wollte übers Wochenende bleiben. Aber seit Mittwochabend gibt es kein Lebenszeichen von ihm. Er ist einfach weg! Spurlos verschwunden!«
Aufgeregt schnäuzte sich E