: Kelly Weinersmith
: Unsere Zukunft steht in den Sternen Wie wir bald den Mars besiedeln (oder auch nicht). Das grundlegende Science-Sachbuch über Raumfahrt und die Kolonisation neuer Planeten
: riva Verlag
: 9783745324587
: 1
: CHF 16.60
:
: Astronomie: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Erde geht's nicht gut. Da lockt die Aussicht, irgendwo weit, weit weg ein neues Leben zu beginnen - fern von Klimawandel, Krieg und X (ehemals Twitter). Zum Glück ist die Besiedlung der Sterne zum Greifen nah. Oder doch nicht? Nach jahrelanger Recherche und Gesprächen mit führenden Weltraumexperten gehen Kelly und Zach Weinersmith der technischen Utopie nüchtern auf den Grund. Zwar entwickelt sich die private Raumfahrt rasant, doch uns fehlt ein solider Plan, wie man im Weltall Kinder bekommt, Nahrung anbaut und die Gesellschaft organisiert. Das Bestsellerduo erforscht so humorvoll wie fundiert, ob der Traum von neuen Planeten uns nicht bald ein böses Erwachen beschert - und erklärt dabei zugleich allerlei spannende und verrückte Fragen, die wir uns noch nie über das Weltall gestellt haben.

Dr. Kelly Weinersmith studierte in Kalifornien und arbeitet heute als Biologin an der renommierten Rice University in Texas. Ihre wissenschaftlichen Arbeiten werden unter anderem von »The Atlantic«, »National Geographic«, »BBC World«, »Science« und »Nature« veröffentlicht. Zusammen mit ihrem Mann Zach verfasste sie den »NYT«-Bestseller »Bald! 10 revolutionäre Technologien, mit denen alles gut wird oder komplett den Bach runtergeht«. Zach Weinersmith ist international bekannt als Schöpfer des erfolgreichen Webcomics »Saturday Morning Breakfast Cereal«, der sich auf humorvolle Weise unter anderem mit naturwissenschaftlichen Themen befasst. Seine Comics erscheinen zudem bei »The Economist«, »The Wall Street Journal«, »Slate«, »Forbes«, »CNN«, »Discovery Magazine« und vielen mehr.

Einleitung


Ein Siedlungsleitfaden für den Roten Planeten?


Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob wir den Mond und den Mars besiedeln werden, sondern wann.1

– Tim Peake, Astronaut

Wo auch immer Sie sich auf diesem Planeten befinden, Sie haben sicherlich schon einmal darüber nachgedacht, ihn zu verlassen. Schließlich erscheint der Weltraum zunehmend vielversprechender. Auf dem Mars gibt es keine politische Korruption, auf dem Mond keinen Krieg und auf der Venus keine Umweltverschmutzung. Die Besiedlung des Weltraums ist zweifellos die beste Gelegenheit seit 50 000 Jahren, um etwas völlig Neues auszuprobieren und all die schlechten Dinge hinter sich zu lassen. Nachdem die menschliche Raumfahrt 50 Jahre lang stagnierte, haben wir jetzt die Technologie, das Kapital und den Wunsch, um das Zeitalter der kurzen Exkursionen zum Mond hinter uns zu lassen und unser Schicksal als multiplanetare Spezies in die Hand zu nehmen.

Na ja … vielleicht auch nicht. Wenn es Ihnen wie den meisten Laien geht, mit denen wir während der Recherche für dieses Buch gesprochen haben, haben Sie eventuell eine Vorstellung von der Besiedlung des Weltraums, die nicht ganz richtig ist. Dafür können Sie selbst gar nichts, denn der öffentliche Diskurs über die Weltraumkolonisierung steckt voller Mythen, Fantasien und Missverständnisse über grundlegende Fakten.

Im Jahr 2020 veröffentlichte beispielsweise Starlink, der Internet-Serviceprovider von SpaceX, seine Nutzungsbedingungen, in denen es heißt, dass »keine erdgebundene Regierung Autorität oder Souveränität über die Marsaktivitäten besitzt«.2 Mit dieser Klausel verhält es sich wie mit vielen anderen Aussagen über die Besiedlung des Weltraums: Sie wurde von einem mächtigen Interessenvertreter propagiert, weit verbreitet und kommentiert und ist absolut unzutreffend. Die Regierungen der Erde haben sehr wohl die Autorität über die Aktivitäten auf dem Mars – sie werden durch seit Langem bestehende Verträge geregelt und der Planet selbst ist ein internationales Gemeingut. Zugegebenermaßen sind die Verträge seltsam und vage, aber es gibt sie und sie können nicht durch irgendwelche Nutzungsbedingungen außer Kraft gesetzt werden.

Nicht alle schlechten Argumente zur Besiedlung des Weltraums stammen von Raketenmilliardären. Ein Beispiel dafür ist derNewsweek-Artikel »›Star Wars‹ Class Wars: Is Mars the Escape Hatch for the 1 Percent?« aus dem Jahr 2015, in dem behauptet wird, dass »der Rote Planet wahrscheinlich nur für die Reichen zugänglich sein wird und die Armen darunter zu leiden haben werden, dass die Umwelt auf der Erde zerstört wird und Konflikte ausbrechen«.3 Das kann man nur glauben, wenn man keine Ahnung hat, wie durch und durch, unglaublich, unvorstellbar schrecklich der Mars ist. Die durchschnittliche Oberflächentemperatur beträgt etwa –60 °C. Es gibt keine Atemluft, dafür aber planetare Staubstürme und eine Schicht aus giftigem Staub auf dem Boden. Eine um 2 °C wärmere Erde für den Mars zu verlassen, wäre so, als würde man ein schmutziges Zimmer verlassen, um in einer giftigen Müllhalde zu leben.

Die Wahrheit sieht vielmehr so aus, dass die Besiedlung anderer Welten mit dem Ziel, autarke, sich selbst versorgende Gesellschaften fernab der Erde zu schaffen, nicht nur ziemlich unwahrscheinlich ist, sondern auch nicht die von den Befürwortern angepriesenen Vorteile bringt: keine großen Reichtümer, keine neuen unabhängigen Nationen, keine zweite Heimat für die Menschheit, nicht einmal ein Sicherheitsbunker für die Superelite.

Trotzdem leben wir in einer Welt, in der Raumfahrtbehörden, große Unternehmen und mediengewandte Milliardäre etwas anderes versprechen. Sie sagen, dass diese Siedlungen entstehen werden, vielleicht schon im Jahr 2050 oder so. Wenn sie erst einmal gebaut sind, werden sie praktisch alles in Ordnung bringen. Sie werden die Biosphäre der Erde retten oder eine äußerst kreative Pionierzivilisation ermöglichen oder den Vereinigten Staaten oder China oder Indien oder demjenigen, der den ersten großen Schritt macht, enorme wirtschaftliche Vorteile verschaffen.

Wir glauben zwar, dass all diese Behauptungen falsch sind, aber sie werden durch wirklich bahnbrechende technologische Entwicklungen gestützt, die den Zugang zum Weltraum viel billiger gemacht haben. Im nächsten Jahrzehnt wird es mit ziemlicher Sicherheit einfacher als je zuvor sein, Außenp