Prolog
»Ich hasse es zu warten«, murmelte Josua vor sich hin. »Es gibt nichts Schlimmeres.« Was würde er darum geben, wenn diese Unterredung endlich vorbei wäre und er wüsste, wie seine Zukunft aussehen sollte. Aber so langsam, wie der Morgen in Richtung Nachmittag kroch, fürchtete er, dass sein Wunsch nicht in Erfüllung gehen würde.
Er warf dem groß gewachsenen dunkelhäutigen Wachmann, der an der Tür zum Thronsaal des Pharaos stand, einen verstohlenen Blick zu und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder den farbenfrohen Wandmalereien im Vorraum zu. Sie zeigten Szenen von den vielen Eroberungen des Pharaos und ägyptische Triumphe aus längst vergangenen Tagen. Die Erinnerungen an Josuas eigene Vergangenheit und an die geliebten Menschen, die er verloren hatte, waren zu schmerzlich, um lange bei ihnen zu verweilen, und er starrte die verbotenen ägyptischen Bilder an, um diese Erinnerungen aus seinen Gedanken zu verdrängen. Gewalt und Blutvergießen bestimmten sein jetziges Leben als Flüchtling und er wollte dieses Leben so schnell wie möglich hinter sich lassen. Er trug die Narben davon noch im Gesicht und den Schmerz und die Schuldgefühle im Herzen. Inzwischen war er sich nicht mehr sicher, was Gott von ihm wollte oder was die Zukunft für ihn bereithielt; vielleicht würde er es erfahren, bevor dieser Tag zu Ende ging.
Neben ihm rutschte Prinz Amarja unruhig auf seinem Platz hin und her und sah besorgt aus. »Ich wünschte, sie würden sich beeilen und uns endlich reinrufen«, sagte er. »Ich hasse es, von all diesen Bildern und Götzen umgeben zu sein. Wie kannst du sie nur ansehen?«
Josua sah zu Amarja hinüber und dann zu der Delegation der führenden Priester und Leviten, die sie zum Palast des Pharaos begleitet hatten. Da sie nirgendwohin blicken konnten, ohne zu sündigen, starrten sie auf den Boden, schweigend und nervös. »Wenn der Pharao uns erlaubt, in Ägypten zu bleiben, werden wir die ganze Zeit mit diesen Göttern leben«, erklärte Josua dem Prinzen. »Ihr gewöhnt Euch besser daran.«
Josua verstand den Schock, den die judäischen Vertriebenen gerade erlebten. Vor einem Monat waren er und mehr als dreihundert Priester und Leviten mit ihren Familien am Passahfest auf dramatische Weise aus Jerusalem geflohen. Seitdem hatte sich ihre Euphorie langsam verflüchtigt, weil ihnen bewusst wurde, was sie alles verloren hatten. Für viele der Priester war die räumliche Trennung vom Gelobten Land so schmerzlich und traumatisch gewesen wie der Verlust eines Armes oder Beines. Salomos Tempel auf Gottes heiligem Berg zu verlassen, hatte sie in tiefe Trauer gestürzt. Jahrhundertelang hatte Gottes Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei am Passahfest bestimmt, wer sie als Volk waren, aber jetzt hatte Gott seinen Heilsplan offenbar umgedreht und sie alle nach Ägypten zurückgeführt. Josua konnte ihnen nicht versprechen, dass ihr Aufenthalt nur vorübergehend sein würde.
Irgendwann ging die riesige Tür auf und ein Kammerdiener gab ihnen ein Zeichen. »Der Pharao wird euch jetzt empfangen.« Josua berührte die lederne Augenklappe, die er trug, und vergewisserte sich, dass sie richtig auf seinem blinden rechten Aug