: Hermann von Engelbrechten-Ilow
: Was läuft da schief im Journalismus? Warum es mit den Medien bergab geht und wie man ihnen aufhelfen kann
: Herbert von Halem Verlag
: 9783869626741
: Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses
: 1
: CHF 18.60
:
: Journalistik
: German
: 290
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Was läuft da schief im Journalismus? Läuft überhaupt etwas schief? Glaubt man den Befragungen zu Medienvertrauen und -interesse, so einiges. Wer die Entwicklungen auf den Informationsmärkten betrachtet, den kann das nicht überraschen. Die Auflagen der Tageszeitungen haben sich in den letzten zwanzig Jahren halbiert, ohne dass im Digitalen ausreichend Abonnements dazukämen. Dort kriegen die Verlage nur die Krümel vom Werbekuchen ab, die Facebook und Co übriglassen. Letztere gewinnen zunehmend an Bedeutung, kennen kein publizistisches Ethos und bevorteilen aufmerksamkeitsheischende Inhalte. Reichweite erzielt bei ihnen nur, wer sich der Plattformlogik unterwirft. Zu allem Unglück baut der Staat noch seine digitalen Kanäle aus und entzieht sich so der Kontrolle durch den Journalismus. Nur: Wie soll die vierte Gewalt unter diesen Bedingungen ihre Aufgabe in der Demokratie erfüllen? Denn dass sie eine hat, ist unbestritten. Wie diese konkret aussieht, ist jedoch nach Jahrzehnten stabiler Rahmenbedingungen in Vergessenheit geraten. Sie dient der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Diese Aufgabe bzw. Funktion gewährleistet das Grundgesetz. Wer den Abwärtstrend im Journalismus umkehren will, kommt nicht umhin die Medienwirklichkeit mit der verfassungsrechtlichen Aufgabe von Presse und Rundfunk abzugleichen. Das eröffnet Perspektiven auf eine Zukunft, in der die Menschen wieder zufriedener mit ihren Medien sind. Wer wissen will, wie diese Perspektiven aussehen, wird hier fündig.

Hermann von Engelbrechten-Ilow, geb. 1985 in Washington, D.C., studierte Jura in Heidelberg und Berlin sowie im Masterstudiengang Volkswirtschaftslehre in Maastricht. Nach dem Referendariat am Berliner Kammergericht erhielt er 2018 seine Zulassung als Rechtsanwalt. Er beschäftigt sich mit den verfassungsrechtlichen Aspekten gesellschaftlicher Meinungsbildung.

1. Finanzierung


Die Digitalisierung der öffentlichen Kommunikation hat sowohl das Informations- und Vermittlungsmonopol als auch die einzigartige Stellung von Medien als Werbeplattformen zerstört. Damit funktioniert das traditionelle und über ein Jahrhundert lang erfolgreiche Geschäftsmodell des Journalismus nicht mehr.6

Diesen Schluss ziehen Vinzenz Wyss und Guido Keel in ihrer Expertise für die Eidgenössische Medienkommission. Das »über ein Jahrhundert lang erfolgreiche Geschäftsmodell des Journalismus« setzte im Wesentlichen auf zwei Märkte: den Werbemarkt und den Lesermarkt. Auf dem Werbemarkt brechen die Einnahmen aufgrund der übermächtigen Konkurrenz der großen Digitalkonzerne weg (Abschnitt a), auf dem Lesermarkt aufgrund sinkender Abonnentenzahlen im Printbereich, die bisher nicht durch Digitalabonnements aufgefangen werden (Abschnitt b).

a. Werbemarkt


Der Dortmunder Medienökonom Frank Lobigs beschreibt in seiner Expertise für die EMEK den »Paradigmenwechsel in der Ökonomie gesellschaftlich relevanter Medieninhalte«.7 Medieninhalte »werden in dermobilen Nutzungs-Welt des neuen Paradigmas zumeist auf Smartphone- oder auch anderen Mobile-Screens rezipiert, zunehmend als Videos, und dabei in vielen Milliarden von Big Data-algorithmisch kuratierten, personalisierten Trefferlisten (hit lists), Streams, Threads und Feeds pausenlos neukonfektioniert.« Zentrale Gatekeeper würden wenige Internet-Konzerne, insbesondere Google und Facebook, die als einflussreiche »Informationsintermediäre« die Mediennutzung von bis zu Milliarden von Nutzern beeinflussen könnten.8

Die folgenden Zahlen zur Entwicklung des Werbemarktes in Deutschland basieren auf Erhebungen des in New York ansässigen Branchendienstes Insider Intelligence, einer Tochter der Axel Springer SE, die dem Verfasser als Excel-Datei9 vorliegen. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e. V. erhebt ebenfalls entsprechende Daten, hat aber erstmals für 2019 eine neue Systematik angewandt, die einen Langzeitvergleich nach Kategorien verhindert.10Abbildung 1 illustriert die Entwicklung der anteiligen Werbeausgaben in Deutschland von 2011 bis 2025. Der Block ›Zeitungen und Zeitschriften (Print)‹ bildet 2011 noch 47,2 Prozent der Gesamtwerbeausgaben ab, 2019 sind es nur noch 27,8 Prozent, und für 2025 prognostiziert Insider Intelligence einen Anteil von 17,3 Prozent. Die Werbeausgaben im Digitalbereich entwickeln sich spiegelverkehrt. Machten sie 2011 etwa ein Fünftel des Werbebudgets aus, waren es 2019 knapp zwei Fünftel und sollen 2025 beinahe drei Fünftel aller Werbeausgaben ausmachen. 2025 werden drei Viertel aller digitalen Ausgaben für Mobilwerbung verwandt werden.

Abbildung 1
Anteil Gesamtwerbeausgaben nach Kategorie

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