1. KAPITEL
Drei Monate später
„Dr. Westmoreland, hier ist jemand, der Sie sprechen möchte.“
Stirnrunzelnd blickte Megan auf ihre Uhr. In einer Stunde musste sie im OP sein, und vorher hätte sie sich gern noch etwas zum Essen geholt. „Wer denn, Grace?“, fragte sie über die Gegensprechanlage. Grace Elsberry studierte an der University of Colorado Medizin und hatte eine Teilzeitstelle in der Anästhesie des Universitätskrankenhauses.
„Scharfer Typ. Könnte ein Filmschauspieler sein“, gab Grace flüsternd zurück.
Megan stockte der Atem, und ihr wurde heiß, denn sie konnte sich denken, wer der Besucher war. Und da bestätigte Grace auch schon, was Megan halb befürchtete, halb ersehnte. Was von beiden, wusste sie selbst nicht. „Sein Name ist Rico Claiborne.“
Dann senkte Grace wieder die Stimme. „Aber ich würde ihn Mr. Sexy nennen. So jemanden haben Sie noch nicht gesehen.“
Oh, doch … Megan erinnerte sich nur zu genau an Rico Claiborne. Der Mann sah so gut aus, dass man ihn eigentlich nicht frei herumlaufen lassen dürfte. „Schicken Sie ihn herein.“
„Ihn hereinschicken? Ich werde ihn selbstverständlich persönlich hineinbegleiten, Dr. Westmoreland.“
Megan schüttelte lächelnd den Kopf. So etwas hatte Grace noch nie getan. Doch da öffnete sich schon die Tür, und Grace ließ den Besucher eintreten, der ihr mit einem leichten Kopfnicken dankte. Dann wandte er sich um und kam mit geschmeidigen Schritten auf Megan zu. Selbstbewusst, männlich und umwerfend sexy, sah er wirklich wie ein Filmschauspieler oder ein Männermodel aus. Und das, obwohl er nur Jeans und Pulli trug.
Megan stand auf, um ihn zu begrüßen. Rico war groß und schlank, hatte dunkelbraunes, fast schwarzes Haar und haselnussbraune Augen. Sein hellbrauner Hautton war das Erbe seines afroamerikanischen Vaters. Er war sündhaft attraktiv, und sein Anblick ließ ihr Herz sofort schneller schlagen.
Abgesehen von ein paar Telefonaten hatten sie bislang kaum Kontakt gehabt. Und dann war da natürlich noch ihre Begegnung auf der Hochzeit von Megans Cousin Micah vor drei Monaten … Rico hatte Megan damals so bezaubert, dass sie seither immer wieder an ihn denken musste.
Aber zurück zu wichtigeren Dingen, rief sie sich zur Ordnung. Sie hoffte, dass er seinen letzten Auftrag inzwischen erledigt hatte und endlich mit ihrem Fall anfangen konnte.
Megan streckte die Hand aus. „Rico, wie schön, dich wiederzusehen!“, sagte sie lächelnd. Als Schwager von zwei ihrer Cousins gehörte Rico sozusagen zum erweiterten Familienkreis, sodass sie sich selbstverständlich duzten.
„Ich freue mich auch, Megan.“ Er nahm ihre Hand, und Megan musste sich zwingen, sie ihm nicht sofort wieder zu entziehen, so sehr elektrisierte sie die Berührung.
„Und … was bringt dich nach Denver?“ Kurz zögerte sie, dann hatte sie ihre Stimme wieder unter Kontrolle.
Er ließ ihre Hand los. „Ich hatte hier heute Morgen im Gericht zu tun und wollte die Gelegenheit nutzen, dir einen vorläufigen Bericht zu geben. Denn ich habe schon vor einigen Wochen angefangen, mich mit eurem Fall zu beschäftigen. Es tut mir leid, dass ich dich so überfalle, aber als ich heute Morgen versuchte, dich telefonisch zu erreichen, war dein Handy ausgeschaltet.“
„Sie war den ganzen Vormittag im OP.“
Verblüfft drehten Rico und Megan sich um. Grace war immer noch da. Sie stand lächelnd in der Tür und musterte Rico mit einem sehr eindeutigen Blick.
„Danke. Das wäre alles, Grace“, sagte Megan freundlich.
Die Studentin war sichtlich enttäuscht. „Brauchen Sie mich wirklich nicht mehr?“
„Im Moment nicht.“
„Na dann …“ Grace verließ den Raum und zog langsam die Tür zu.
Als Megan sich wieder