: Harry Kämmerer
: Harte Hunde Kriminalroman | Der fünfte Fall für Kriminalkommissar Karl-Maria Mader
: HarperCollins
: 9783749907663
: & Co.
: 1
: CHF 7.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 222
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Baye wald, oh Bayerwald, es zieht hier oft ein Lufthauch kalt ...

Endlich mal raus aus der Großstadt und eine ruhige Kugel schieben. Das denken sich Dosi und Zankl von der Münchner Mordkommission. Sie nehmen an einem polizeilichen Austauschprogramm teil und finden sich in der tiefen Provinz wieder. In Grafenberg im Bayerischen Wald geht es allerdings nicht wirklich gemütlich zu. Die beiden reichsten Bauern der Gegend werden erschossen auf einer Waldlichtung gefunden, heimische Neonazis treiben ihr Unwesen und ein tschechischer Großunternehmer plant einen monströsen Erlebnispark und geht dafür über Leichen. Gut, dass Dosi und Zankl auf ortskundige Unterstützung durch den lokalen Polizisten Stefan Brandner zählen können, der nebenbei eine Disco betreibt und Sänger einer HipHop-Metalband ist. Und dann sind da noch die Eventbestatter von der Trauerhilfe Miller, die es ebenfalls in den Bayerwald verschlägt. Die Gegend hat es in sich. Von wegen: Über alle Gipfeln ist Ruh ...



Harry Kämmerer, Jahrgang 1967, lebt in München und arbeitet in einem Buchverlag. Er ist Autor zahlreicher Kurzgeschichten und hat zwei Hörspielserien fürs Radio geschrieben und produziert. Zu seinen Kriminalromanen zählen die Bände mit dem Ermittlerteam rund um den Münchner Kriminalrat Karl-Maria Mader, die mit »Isartod« beginnen. Weiterhin gibt es die Krimireihe »Mangfall ermittelt« und die Romane »Drachenfliegen« und »Oh, Mama!«. Harry Kämmerers Liebe zu Musik und Kabarett prägt seine Bücher und seine Lesungen mit Livemusik.

KNÖCHELTIEF


Die Feuerwehr kann nicht mehr viel tun. Die Explosion hat das große Betonbehältnis komplett zerstört und die Kuhscheiße steht auf den Wiesen knöcheltief. Mit Atemschutzgeräten wagen sich zwei Feuerwehrleute in das Innere der Ruine, um nachzusehen, ob dort eine Person zu finden ist, die zu Schaden gekommen ist – am Ende gar der Hublsteiner selbst. Aber nichts. Kein Mensch. Dafür finden Sie die Reste eines stählernen Druckbehälters. Offenbar hat jemand hier eine Bombe hochgehen lassen. Das ist kein Fall für die Feuerwehr, sondern für die Polizei.

Diese ist gerade ganz in der Nähe, aber anderweitig beschäftigt – in Person von Stefan Brandner. Die Ehefrauen vom Pramminger und vom Hublsteiner haben morgens auf der Wache angerufen – fast konzertierte Aktion –, weil sie ihre Männer vermissen. Nicht im engeren, emotionalen Sinne. Sondern rein physisch. Nachdem ihre Männer die ganze Nacht nicht heimgekommen sind, machen sie sich jetzt doch langsam Sorgen. Miss Hublsteiner und Miss Pramminger vermuten ihre Gatten imLucky Punch, dem Großraum-Casino in Strážný kurz hinter der Grenze in Tschechien. Frau Hublsteiner ist sich jedenfalls sicher, dass ihr Gatte dort wieder zugange ist. Aus seinen tschechischen Lustreisen macht er schon lange kein Geheimnis mehr. Was hat er zu ihr gesagt, als das Blitzfoto von der tschechischen Polizei gekommen ist – mit einer Lederlady auf dem Beifahrersitz? »Des war a Anhalterin. Weißt, da musst du schon aufpassen. Ned, dass dene was passiert. Die Straßen san ja voll mit de ganzen Nutten, des is gefährlich, wenn du da so rumstehst.« Auf gut Deutsch: Er schiss sich gar nix. Und der Pramminger sagt zu seiner Frau immer: »Geh Mausi, a bisserl zocken und gelegentlich a Hoibe am Tresen. Mei, die Damen da san doch bloß Dekoration!«

Zocken und ein bisschen auswärts naschen, könnte schlimmer sein. Aber jetzt sind die Ehegattinnen doch nervös, als ihre Männer am Vormittag immer noch nicht heimgekehrt sind. Da ist noch nix passiert. Miss Pramminger hat sogar ihren Flug nach Mallorca ausgesetzt, den sie ihrem Mann in zähem Ringen abgetrotzt hat. Er hätte sie zum Flughafen nach München fahren sollen.

Brandner kümmert sich. Die tschechischen Kollegen hat er bereits angerufen und befragt. Ergebnislos. Jetzt sieht er sich ein bisschen in der Gegend um. Er hat es den beiden Ladys versprochen. Der Pramminger hat ein paar Hektar Forst, wo er gelegentlich auf die Pirsch geht. Vielleicht ist er ja dort. Zu Hublsteiners möglichem Aufenthaltsort hat er keinerlei Idee.

Inzwischen steht die Herbstsonne fett am Himmel und bringt die Schönheit des Bayerischen Walds zum Leuchten: das satte Grün der Wiesen, das Farbenspiel der Laubbäume, das silberne Band der Bundesstraße.Rage Against the Machine dröhnt aus der Stereoanlage des altersschwachen Dienstgolfs, als Brandner über die gut ausgebaute Straße kurvt. Seine Augen sind lose auf den Straßenrand gerichtet, nach rechts und links. Schließlich sieht er tatsächlich Prammingers Mercedes auf einem Wanderparkplatz. Bei seinem Forst. Also doch auf der Jagd. Immer noch? Da ist auch HublsteinersBMW X5. Hat er gleich beide aufgespürt. Ein romantisches Stelldichein? Nach außen Kontrahenten, insgeheim Bussibussi? Brandner hat kurz die Vision, wie die beiden Herren Schulter an Schulter hinter einem Busch auf der Pirsch liegen und sich zärtliche Worte zuflüstern.

Brandner hält an, steigt aus dem Wagen und streckt die Glieder. Dann geht er ein paar Schritte in den Wald hinein, um zu biseln. Sein goldener Strahl schießt dampfend ins Gebüsch. Er stutzt. »Ja, was hamma denn da?!« Er zieht den Reißverschluss hoch und geht in die Hocke. Fasziniert betrachtet er die Gruppe stattlicher Steinpilze, jetzt leider frisch geduscht. Wo ein paar sind, sind bestimmt noch