: Vincent Voss
: Im Eis
: Verlag Torsten Low
: 9783966293136
: 1
: CHF 4.50
:
: Horror
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Amelie Fischer ist Professorin am Institut für Ethnologie in Hamburg und weiß alles über die dritte deutsche Polarexpedition 1878 zum Nordpol. Das denkt sie jedenfalls, bis ihr ein Dachbodenfund in die Hände gespielt wird. Nicht die Entdeckung einer eisfreien Passage, nicht die Erforschung des ewigen Eises war das eigentliche Ziel, sondern ein Schiff namens »Sirene« sicher ins Eis zu geleiten. Je mehr sie herausfindet, umso geheimnisvoller erscheint die Expedition in der Nachbetrachtung. Und als sie beschließt, selbst eine Gruppe von Wissenschaftlern in den Nord-Osten Grönlands zu führen, um die Sirene zu bergen, bringt sie ihr Leben in Gefahr ... »Im Eis« ist die deutsche Antwort auf Dan Simmons' »Terror«: dunkel, spannend und atmosphärisch dicht. Nicht ausgeschlossen, dass dem Leser heiß UND eiskalt wird. Creepy Creatures Reviews Vincent Voss spielt auf der Klaviatur des Horrors wie kaum ein Zweiter. Selbst Alltägliches mutiert bei ihm zu einer Allegorie des Grauens. Meisterhaft! Thomas Finn

Nach seinem Abitur an »der grünen Schule« hat Vincent Voss allerorts verlauten lassen, er werde Schriftsteller. Ein halbes Jahr und ca. 70 Manuskriptseiten auf einer elektronischen Schreibmaschine später hat er dann eingesehen, dass man davon nicht leben kann und erst einmal etwas Vernünftiges unternommen. Eine Reise nach Südostasien. 2008 hat Vincent Voss eher zufällig wieder mit dem Schreiben begonnen, ein Internetforum rief zu einem Schreibwettbewerb auf und seine Geschichte wurde entweder in den höchsten Tönen gelobt oder total verrissen. 2009 nahm er dann gleich an mehreren Ausschreibungen teil und die ersten Veröffentlichungen in Kurzgeschichtenbänden folgten. Mittlerweile hat Vincent Voss mehrere Romane und knapp 50 Kurzgeschichten veröffentlicht. Er wünscht seinen Lesern für dieses Buch ein unangenehmes Gruseln und einen feinen Sinn für Humor.

 

III

 

 

28. März 1878: 60° 45' nördliche Breite; 2° 4,3' westliche Länge; 8 Knoten, Nordost bei 42 Faden Tiefe, steiniger Grund

Tümmler.

Dr. Weber hatte eine Schule Tümmler gesichtet, die uns steuerbord in einem Abstand von einhundert Metern und manchmal sogar darunter folgten. Ein schöner Anblick, wie sich die glänzenden Körper aus der Gischt erheben, in der Luft liegen, um dann wieder einzutauchen, ohne dass dabei Wasser aufspritzt. »Elegant wie dieTeutonia!«, rief ich Heinrich zu, der backbord neben uns unter vollen Segeln fuhr. »Eher wie dieMorgenröte!«, antwortete er nicht minder laut, und die Männer an Deck lieferten sich nun über das Wasser hinweg eifrige Wortgefechte. Dr. Weber holte sich indes meine Erlaubnis ein, die Tiere jagen zu dürfen, und ich erteilte sie ihm. Durch das Fernglas beobachteten die Wissenschaftler die Schule und machten in ihr ein einzelnes männliches Tier aus, auf das sie anlegten. Wir sprachen uns mit Heinrichs Mannschaft ab und sie gewährten uns den ersten Schuss auf das Tier. Ich glaube, es war Dr. Webers Schuss, der traf. Jedenfalls trieb das Tier obenauf und wir holten es ein. Ein geschlechtsreifer Bulle, der, nachdem die Wissenschaftler ihre Untersuchungen vorgenommen haben würden, uns leckeren Speck und Gulasch einbringen würde, wie uns unser Smutje versicherte. Danach verließ uns die Herde. Auf einen weiteren Jagderfolg verzichteten wir also.

 

Ergänzung aus dem dritten Tagebuch

Wir fuhren weiter unter Segel Kurs Nord-Nord-West und Fritz sichtete alsbald die Segel der dickbauchigenSirene, die uns auf ihrem Kurs kreuzen würde. Das wunderte sowohl Heinrich als auch mich. Wir hatten dieSirene bewusst mit Abstand hinter uns gelassen und wollten bei gleichbleibendem Wind die Segel runternehmen, damit sie bis zum Abend aufschließen konnte. Dass sie nun vor uns fuhr, konnten wir uns beide nicht erklären. Und auch der navigationskundige Rest der Besatzung nicht, so dass unverzüglich das Gerede wie die Pest um ging, das man landläufig Seemannsgarn nannte. Heinrich und ich verbaten es uns ausdrücklich, und glücklicherweise sprangen uns die Herren Gelehrten bei, die allerhand wissenschaftliche Erklärungen auffuhren. Unter uns; sicherlich fabulierten hier auch einige ins Blaue hinein, aber immerhin beruhigte sich dadurch die Besatzung, und ein unterseeischer Strom, der ein Schiff über mehrere Seemeilen beschleunigte, war nicht nur denkbar, sondern auch tatsächlich möglich. Statt uns zu kreuzen, ging dieSirene dann auf Kurs, als wüsste sie unser Ziel, und anstatt die Segel herunterzunehmen, ließen wir sie voll aufziehen, um dieSirene einzuholen. Sowohl Heinrich als auch ich standen auf der Brücke und beschlossen mit Braun ein ernstes Wort zu sprechen, denn es war ausgemacht, dass dieSirene uns folgen und nicht überholen sollte. An seinem Blick und meinem Gefühl machte ich unser Unbehagen aus. Sicher konnte eine Strömung das Schiff an uns vorbeigetragen haben, aber wir hätten sie sichten müssen, denn sowohl dieTeutonia als auch dieMorgenröte hatten den Ausguck besetzt. Gewiss ist manches Mal einer der Matrosen schläfrig und schludert etwas auf offener See, aber dass zwei Männer sich gleichzeitig irrten, ist mir noch nicht vorgekommen. Und die Segel derSirene hätten auch irgendjemandem an Deck auffallen müssen. Es war und blieb also sonderbar und auch für Heinrich und mich, trotz aller Versuche, nicht wirklich erklärbar. Doch was dann geschehen sollte, wunderte uns weitaus mehr, und ich will gestehen, es war auch das erste Mal, dass ich so etwas wie Angst verspürte.

Max und Dr. Westermann wurden als erste darauf aufmerksam und ich sah von der Brücke aus, wie sie den anderen etwas zuriefen. Bald hatten sich alle am Klüvernetz versammelt, stakten mit Harpunen ins Wasser, warfen Eimer ins Meer und holten sie an Seilen wieder heraus, um dann den Fang zu überprüfen. Als mich die ersten hilfesuchenden Blicke Dr. Westermanns trafen, wusste ich, es war kein gewöhnlicher Fang. Währenddessen zogen die Männer den kopflosen Kadaver eines Tümmlers an Bord, dazu hatt