: Alfred Schmid
: Die Unwesentlichkeit der Welt Der neue Faschismus und seine antiken Wurzeln. Und wie man ihm entkommen könnte.
: Books on Demand
: 9783756266661
: 1
: CHF 7.20
:
: Gesellschaft
: German
: 330
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In den zurückliegenden Jahren hat in den führenden demokratischen Gesellschaften der Staat in einem Ausmass Macht über seine Bürgerschaften ausgeübt, das man sonst nur in totalitären Gesellschaften kennt. Er tat dies, indem er sich zu einer lebensrettenden"Wissensc aft" bekannte und wurde medial durch Experten sekundiert, die ihn zugleich mit der Autorität des unzweifelhaft"Rationalen quot; berieten. Dieses Buch möchte das"neufaschistische&quo ; Gebaren der sich aktuell besonders"westlich" gerierenden Demokratien auf eine proto-totalitäre Wurzel aller Wissenschaften als Komplizen politisch organisierter Herrschaft über Welt und Leben in der griechischen Antike zurückführen. Der Nachweis der antiken Herkunft moderner Weltverneinung lässt die Vermengung ideologischer Plausibilitäten - von Menschenzucht bis zum"neuen Normal" - mit industriellem Fortschritt und umfassend staatlich organisierter Wissenschaft als internes oder"strukturelles" Problem der Demokratien sichtbar werden. Damit als ein Problem, das durch Reformen und Massnahmen nur oberflächlich tangiert werden kann. Erst über die Einsicht in das totalitäre Fundament einer Welt und Leben reduzierenden Rationalität lässt sich fundiert die Frage nach Alternativen stellen: nach einem Entkommen aus dem Gefängnis einer normiert wesenlosen Gegen-Welt.

Alfred Schmid war Hilfsarbeiter in diversen Branchen, Astrologielehrer und zuletzt Althistoriker mit Lehre und Forschung an verschiedenen schweizerischen und deutschen Universitäten. Ein Kapitel seiner Dissertation von 2005, mit einer Deutung der ara Pacis in Rom, wurde 2023 ins Englische übersetzt und in eine Oxforder Reihe bemerkenswerter Beiträge zur römischen Religionsgeschichte aufgenommen, womit er wohl aus Versehen unter die Olympier seines Faches geraten ist. Er lebt in Lauwil in der Schweiz.

2: Der neue Faschismus


„Überall träumen die Regierenden von China.“

Anonym, Das konspirationistische Manifest, Berlin 2022, S. 20.

„Es genügt, das menschliche Subjekt zu isolieren, alle seine Gewohnheiten zu unterbinden, es mit Schrecken zu erfüllen, um es jeden Kontakt zu sich selbst verlieren zu lassen, um es zu depersonalisieren und es nach Belieben formbar zu machen.“

Ebd. S.26

1.

Mit jedem Menschen beginnt und endet eine Epoche, nämlich die einmalige Zeitspanne zwischen Geburt und Tod. Alles was in dieser Zeit geschieht, sofern es sich für, mit, durch oder über einen ereignet, das wird als zugehörig zum eigenen Leben erachtet. Als wäre dieses Leben ein Ensemble, ein Zusammenhang oder Konglomerat, das von innen wie ein Kontinuum durch Erinnerungen und Aussichten zusammengehalten wird. Die stetige Verschiedenheit aller Lebensmomente bildet doch immer nur Teile eines Ganzen der Identität, als einer Gewissheit, dass alles Erlebte, Getane, Erlittene oder gar Verfehlte unseres Lebens uns irgendwie meint, angeht mit einer Bestimmtheit, die uns so fraglos für sich vereinnahmt, wie eben die Geburt, die wir nicht wählen und nicht abgeben können, auch nicht durch den Tod, den wir zwar wählen können,2 aber eben auch nur als Tod, und zwar als unseren, den wir in seiner Tödlichkeit niemandem zu überlassen vermögen.

Oder könnten wir’s doch, den Tod abgeben, indem wir etwa andere töteten? – Diese Verfügbarkeit des Todes durch den vorsätzlichen Mörder kommt in den stolzen Versen des John Donne vor („Death, be not proud, though some have called thee

Mighty and dreadful, for thou art not so“), denn:

“Thou art slave to fate, chance, kings, and desperate men,

And dost with poison, war, and sickness dwell”