Grundlegendes zu den drei körperlichen Energien
Für das Studium der Tibetischen Medizin ist es unerlässlich, sich mit den ihr zugrundeliegenden Ursachen der Wiederverkörperung des Körper-Geist-Kontinuums in der einen oder anderen Form etwas eingehender zu beschäftigen.
Die Grundimpulse der Wiederverkörperung werden von den mentalen Impulsen gebildet, die jedes fühlende Wesen von einer Verkörperung zur nächsten zumindest als Potenzial begleiten. Der Grundimpuls ist die falsche Annahme, dass ein unabhängiges und aus sich selbst heraus existierendes „Ich“ existiert. Diese grundsätzlich falsche Sichtweise der Wirklichkeit, die auch als grundlegende Ignoranz bezeichnet wird, schafft in der Folge die drei Geistesgifte, aus denen letztlich insgesamt 84.000 sogenannte plagende, d. h. leiderzeugende Emotionen hervorgehen.
Mit Ausnahme vollständig reiner Wesen, wie es Buddhas und Bodhisattvas sind, die sich ausschließlich aufgrund des Mitgefühls für alle anderen Wesen aus einer freien Entscheidung heraus wiederverkörpern, bilden die grundlegende Ignoranz sowie die drei daraus hervorgehenden Geistesgifte der Begierde (Wünsche, Leidenschaften, Anhaftungen), des Zornes (Ärger, Wut, Hass) und der begrenzten Sichtweise der Realität (Dummheit, Engstirnigkeit, Apathie) für alle anderen Wesen die Basis für ihre entsprechenden Wiederverkörperungsformen sowie der hiermit einhergehenden körperlichen, emotionalen und mentalen Fähigkeiten bzw. Schwierigkeiten.
Deshalb werden diese drei Geistesgifte auch als sog. entfernte Ursachen für Krankheit angesehen. Die absolut primäre Grundursache wird, wie gesagt, in der falschen Sichtweise der Wirklichkeit gesehen. Die genannten Impulse werden dem sog. „Bardo-Körper“ (einer Art Traumkörper während des Überganges von einer Form der Verkörperung zur nächsten) in einer sehr extremen Weise begegnen und ihn in eine Erscheinungswelt leiten, die seinen aus sich selbst heraus erzeugten, mehr oder weniger positiven bzw. negativen Illusionen entspricht.
Die (irrtümliche) Wahrnehmung dieser Erscheinungswelt als einzig möglicher „Realität“ verstärkt das Beharren auf der Annahme eines unabhängigen, getrennt von allem anderen und aus sich selbst heraus existierenden „Ich“. In der buddhistischen Sichtweise existieren unendlich viele „Realitäten“, und es gibt nichts, was nicht in Abhängigkeit und Resonanz zu allen anderen Dingen dieses Universums steht.
Das Erlangen eines menschlichen Körpers gilt im Buddhismus nicht als selbstverständlich, sondern wird als ausgesprochen wertvoll betrachtet. Die menschliche Verkörperung bietet eine herausragende Möglichkeit, die allem zugrundeliegende Wirklichkeit innerhalb einer Lebensspanne zu erkennen und sich damit aus dem Rad der Wiedergeburten und der damit einhergehenden Leiden zu befreien.
Wie bereits ausgeführt, bilden die drei Geistesgifte die Basis für die entsprechenden PrinzipienLung (Wind),Tripa (Galle) undPeken (Schleim). Diese sind sowohl auf der materiellen, der emotionalen als auch auf der mentalen Ebene präsent. Deswegen lautet das tibetische Wort hierfür auchnyepa, was wörtlich „Fehler“ bedeutet.
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