2. KAPITEL
Harpers Augen brannten, doch sie hatte nicht vor, das Büro als Erste zu verlassen. Schließlich war noch ein ganzer Berg an Aufgaben zu erledigen, und Salvador arbeitete auf der anderen Seite der Glasscheibe mit schier unerschöpflicher Energie und wirkte noch genauso frisch und konzentriert wie zu Tagesbeginn bei ihrem Kennenlernen.
War das wirklich erst heute gewesen?
Sie ließ den Stift auf den Schreibtisch fallen, lehnte sich zurück und gab sich für einen Moment der Erschöpfung hin, indem sie die Augen schloss und tief durchatmete. So ließ sie die Müdigkeit über sich hinwegspülen, während sie bis zehn zählte. Dann öffnete sie die Augen und konzentrierte sich wieder auf den Bildschirm. Die Zahlen verschwammen.
Sie legte ihre Finger auf die Augen und massierte sanft die Lider.
„Sie können gehen.“
Beide hatten so lange nicht gesprochen, dass sie fast vergessen hatte, wie seine Stimme klang. Sie drehte sich mit dem Stuhl zur Tür, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Er sieht doch nicht mehrganz so frisch aus wie am Morgen, dachte sie stirnrunzelnd. Er hatte das Hemd aufgeknöpft, die Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, die gebräunten Unterarme entblößt. Aus irgendeinem Grund wurde ihr Mund bei seinem Anblick trocken, ihre Zunge schien den ganzen Mund auszufüllen.
Sie schluckte schwer und wandte sich wieder dem Bildschirm zu. „Ich gehe gleich.“
„Sie sind erschöpft.“ Er klang enttäuscht.
„Nun ja, es ist nach Mitternacht“, bemerkte sie und dehnte ihren Nacken.
„Wenn es Ihnen zu viel ist …“
Sie knirschte mit den Zähnen. „Ist es nicht.“ Rasch drückte sie ein paar Tasten auf dem Computer und versetzte ihn in den Ruhemodus. „Nur aus Interesse, bis wann arbeitet Amanda normalerweise?“ Sie stand auf und packte ihre Sachen, während sie sprach.
„Amanda macht den Job seit acht Jahren.“
„Ich nehme an, das heißt, sie macht normalerweise deutlich früher Feierabend.“
„Wie gesagt, wenn es Ihnen zu viel ist …“
„Das habe ich nicht gesagt“, erwiderte sie energisch. „Aber wie geht der Satz eigentlich weiter? Haben Sie eine Alternative für mich? Jemanden, den Sie einfliegen können, um den Job zu übernehmen?“
Sie war zickig, aber na und? Sie war müde, und er erwarteteviel zu viel.
Offensichtlich hatte sie einen Nerv getroffen, denn er zog die Augenbrauen zusammen, und seine ausdrucksvollen, schönen Augen verdunkelten sich für einen Mom