: Stephan Pörtner
: Köbi der Held Der erste Fall für Köbi Robert
: Atlantis Literatur
: 9783715275390
: Ein Fall für Köbi Robert
: 1
: CHF 13.40
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Ich wollte mich immer mal bei dir melden ...« Köbi Robert begrüßt seinen ehemaligen Schulkameraden Lucien Huwyler mit leicht gequältem Grinsen, als sie sich nach über fünfzehn Jahren zufällig begegnen. Streit hat es nie gegeben, sie haben sich schlicht aus den Augen verloren. Erst nur halbwegs, als Köbi eine Klasse wiederholen musste, dann ganz, als er der Schule den Rücken gekehrt und die geregelten Bahnen verlassen hat. Seitdem fürchtet er die Frage, was er so macht. »So dies und das, Nachforschungen, Auskünfte, Objekt- und Personenschutz und solche Sachen.« Huwyler, erfolgreicher Architekt und wohnhaft am Zürichberg, beauftragt den Schulfreund kurzerhand, seine Halbschwester Malaika ausfindig zu machen, von der er seit Wochen nichts gehört hat. Einen fürstlichen Vorschuss in der Tasche, macht sich Köbi auf die Suche und wärmt seine Kontakte in die Zürcher Unterwelt auf ...

Stephan Pörtner, geboren 1965, wuchs in einer Schriftstellerfamilie auf: Seine Mutter war U?bersetzerin, sein Vater Autor, seine Schwester ist die Schriftstellerin Milena Moser. Er lebt in Zu?rich, wo seine sechs Krimis mit Ko?bi Robert, dem Detektiv wider Willen, spielen. Der letzte Band Po?schwies wurde mit einem Werkbeitrag ausgezeichnet, fu?r Stirb, scho?ner Engel erhielt er den Zu?rcher Krimipreis. Po?rtner war bereits drei Mal fu?r den Glauser Kurzkrimi-Preis nominiert. Fu?r das Straßenmagazin Surprise schreibt er die Kolumne Tour de Suisse, fu?r das Schweizer Radio Ho?rspiele, ist Co-Autor der Theaterstu?cke Polizeiruf 117 und Die Bankra?uber. Sein ju?ngster Roman Heimatlos wurde von der Literaturkommission des Kantons Zu?rich mit einem Anerkennungsbeitrag ausgezeichnet.

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Das Paar Boxhandschuhe, das mir am besten gefiel, war natürlich das teuerste. Es kostete doppelt so viel, wie ich eigentlich budgetiert hatte. Ich streifte durch die Sportabteilung des Warenhauses Jelmoli. Mein Trainer hatte angedeutet, dass ich bald wieder gut genug sein würde, um Sparring zu boxen. Außerdem hatte ich ein Geschenk verdient, weil ich so brav trainierte und Fortschritte machte. Etwas weniger euphorisch prüfte ich bei den billigeren Handschuhen Verarbeitung und Tragkomfort und ließ die ästhetischen Gesichtspunkte außer Acht. Ein schwarzes Paar, nicht schön, aber zweckmäßig, wahrscheinlich das Vorjahresmodell, fand Gnade vor meinem Portemonnaie. Ich legte es weit hinten ins Gestell, damit es mir niemand wegschnappen konnte.

Erst einmal wollte ich mich umschauen, was es denn sonst im Fitnessbereich gab, was diese Saison hochgejubelt, als brandneu verkauft und mit entsprechender Ausrüstung zum Geschäft gemacht wurde: Softhockey, Rollerblades und Hockey auf Rollerblades. Dazu kamen ein paar neue Varianten des Hallenturnens, die nur in knallbunter Kleidung, die penetrant alle sonst schamhaft versteckten Körperteile betonte, auszuüben waren. Für einen gut geformten Körper hatte man immerhin hart gearbeitet. Er symbolisierte Leistungswillen, Jugendlichkeit und modernen Lebensstil und war ein Statussymbol wie ein schnittiges Auto. Bei den Frauen diente er als eine Art Aussteuer. Straffe Schenkel, nicht Barchent Leintücher machten heute die gute Partie aus. Wenn ich richtig gelesen hatte, rangierte das Fitnesscenter als Aufreißrevier noch vor der Disco, dort war es wahrscheinlich zu laut.

Ich meinerseits, krummbeinig und schmal, trainierte noch immer in der guten blauen Turnhose und einem zu großen, weißen Unterleibchen. Dieses Tenue war heutzutage gar nicht leicht aufzutreiben.

Bei den unzähligen Turnschuharten wühlte ich nach Aktionen, meine Laufschuhe waren schon uralt, und so ganz war ich gegen die Versprechen der Industrie nicht gefeit. Auch ich hoffte, neue Schuhe würden von alleine rennen. Aber in meiner Größe gab es verbilligt nur hohe Luftkissenschuhe, die ebenso aus der Mode wie unbrauchbar waren, oder Trekkingschuhe und Snowboardstiefel.

Ich ging zurück zu den Laufschuhen, von denen ich das eine oder andere frisch riechende Exemplar fachmännisch verbog, ohne zu wissen, was ich dadurch in Erfahrung bringen konnte. Da bemerkte ich, dass ich von der Seite her angesehen wurde. Wahrscheinlich war der Warenhausdetektiv auf mich aufmerksam geworden. Ich fingerte alles an, ohne etwas zu kaufen. Einen Moment lang hatte ich tatsächlich nach Möglichkeiten gesucht, die teuren Boxhandschuhe abzuzügeln, darum fühlte ich mich ertappt und sah zur Seite. Ein Mann in meinem Alter stand etwa fünf Meter entfernt, schaute mich an und lächelte. Es war kein Detektiv, es war Lucien Huwyler.

»Hey«, sagte ich. »Lucien!«

»Also doch.« Mit einem leicht gequälten Grinsen, als hätte ich ihn beim Ladendiebstahl erwischt, kam er auf mich zu.

»Köbi, Köbi Robert.«

Lucien und ich hatten zusammen die Schulbank gedrückt, vor ungefähr hundert Jahren. Trotzdem war er auf den ersten Blick wiederzuerkennen, selbst von mir, der ein hundsmiserables Personengedächtnis hatte. Er wirkte immer noch wie ein Gymnasiast auf mich, aber vielleicht kam das daher, dass ich ihn nicht anders kannte.

»Das ist ja eine Ewigkeit her, dass ich dich gesehen habe.« Er trat auf mich zu und hielt mir die Hand hin.

Ich nahm seine Hand, obwohl ich das schon in der Schule eine blöde Einrichtung gefunden hatte und es auch heute noch so empfand. Wenn es nicht sein musste, fasste ich keine Menschen an, schon gar nicht mitten auf der Straße oder im Warenhaus.

Leute, die allen ständig die Hand gaben, waren meist Deppen. Und wer gibt schon Deppen die Hand? Ich tat es trotzdem und schaute den Mann an. Er hatte immer noch ein Jungengesicht, obwohl die Jahre nicht ganz spurlos an ihm vorbeigegangen waren. Noch immer h