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»Wen suchen Sie?«, fragte ich den alten Mann, der vor meiner Haustür stand.
»Das Ermittlungsbüro, ich kann den Namen Robert bei den Klingeln nicht finden.«
Fast hätte ich ihm geholfen zu suchen, als mir einfiel, dass ich selbst das Ermittlungsbüro war.
J.K. Robert, Ermittlungen, so stand es auf einem unterdessen recht dreckigen Messingschild, das neben der Haustür hing. Viel ermittelt hatte ich allerdings nicht, seitdem das Schild da hing, und von einem richtigen Büro konnte auch nicht die Rede sein.
»Das bin ich«, gab ich mich zu erkennen und stellte den Migros-Sack ab, um mich dem Mann ordentlich vorzustellen.
»Jakob Robert. Sie müssen entschuldigen, ich komme gerade vom Einkaufen.«
»Hellmut Strassner, freut mich.«
Der alte Mann hielt mir die Hand hin, und nach kurzem Zögern schüttelte ich sie. Sein Händedruck war kräftig. Lächelnd musterte er mich, offenbar war er sich seiner Sache nicht ganz sicher. Ich sah wohl nicht allzu vertrauenswürdig aus, mit meiner alten Baseballjacke, den ausgebleichten Jeans und den abgelatschten, schwarzen Halbschuhen. Zum Einkaufen im Migros Limmatplatz brauchte man sich nicht schick zu machen. Um im Café El Greco nebenan Maulaffen feilzuhalten vielleicht schon, aber das hatte ich nicht vorgehabt.
»Ein Glück, dass Sie gekommen sind, ich hätte gerade aufgegeben«, meinte der alte Mann.
Ob es ein Glück war, wusste ich noch nicht, aber ich wusste, dass ich ihn unmöglich mit hinauf in meine Wohnung nehmen konnte. Dort herrschte ein gewaltiges Durcheinander, und das Zimmer, das als Büro dienen sollte, war in besonders beklagenswertem Zustand. Außerdem stand dort das Terrarium mit dem Krokodil.
Vor fünf Monaten hatte ich mich mithilfe des Arbeitsamtes selbstständig gemacht und war seither nicht gerade von Kundschaft überrannt worden. Ich hatte den lauen Geschäftsgang auf die ungünstigen Wintermonate geschoben. Im Oktober des letzten Jahres hatte ich mein kleines Büro eröffnet. Erst kam der hässliche November, dann kamen die Feiertage, später das Januarloch und jetzt, Ende Februar, regnete es ständig. Wer brauchte in solchen Zeiten hier in Zürich schon einen Ermittler?
Die Leute wurden in dieser Jahreszeit immer mürrischer, und es herrschte eine spürbare, unterschwellige Aggressivität und Gewaltbereitschaft. Es wurde geflucht, gerempelt, gewettert. Autos wurden als Kriegsspielzeug benutzt, junge Männer aus schlecht beleumundeten Regionen gaben sich alle Mühe, ihrem schlechtesten Ruf gerecht zu werden. Die Stadtregierung hatte sich auf den Zürichberg zurückgezogen und versuchte, bei Champagner und Theaterbesuchen das Elend ihrer Untertanen zu vergessen. Aber kein Mensch brauchte einen Ermittler.
An diesem Morgen allerdings ließ sich, völlig unpassend, der Frühling erahnen. Der erste Sonnenstrahl nach langer Finsternis war ein Zeichen für mein winterschlafendes Unternehmen. Seit der im engsten Freundeskreis, zu dritt, mit Dosenbier gefeierten Geschäftseröffnung war genau ein Auftrag hereingekommen. Zwei Tage lang hatte ich eine kleine Katze gesucht, aber es nicht übers Herz gebracht, der alten Dame, die im gleichen Haus wohnte, eine Rechnung zu stellen. Sie vermutete gebrochenen Herzens, die Türken hätten die Mieze gefressen.
»Man weiß es ja«, klagte sie, und ich wollte nicht widersprechen, sondern rasch wieder aus ihrer stickigen Wohnung raus. Seither lauerte sie mir hin und wieder im Treppenhaus auf, um mich mit wirren Geschichten über dunkle Machenschaften aufzuhalten.
»Gehen wir in ein Café, mein Büro wird gerade renoviert«, schlug ich vor, um meinen ersten Klienten nicht kampflos aufzugeben.
»Wie Sie meinen.« Der alte Mann sah mich stirnrunzelnd an.
Ich schloss nur rasch die Haustür auf und versteckte meine Einkäufe auf der Kellertreppe. Es passte wohl nicht zum Bild eines Schnüfflers, mit vollen Migros-Säcken herumzulaufen. Im Gegensatz zu all den Krimihelden hatte ich keine Sekretärin. Auch konnte ich mich n