: Stephan Pörtner
: Kein Konto für Köbi Der zweite Fall für Köbi Robert
: Atlantis Literatur
: 9783715275406
: Ein Fall für Köbi Robert
: 1
: CHF 13.40
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Angelegenheit sei dringend und lasse sich nicht am Telefon besprechen. Mehr weiß Köbi nicht, als er von Anwalt Rothenbühler in dessen Kanzlei zitiert wird. Ein seltsam vogelhafter Mann mit Brillengläsern dick wie Flaschenböden, der Köbi erklärt, dass sein Freund und zwischenzeitlicher Arbeitgeber verhaftet wurde. Dem herzensguten Bruno Krämer wird vorgeworfen, den neuen Freund seiner Ex-Frau Rita erschlagen zu haben. Ein Motiv hätte Krämer, ein Alibi hat er nicht, und sich erinnern, was genau er zur Tatzeit gemacht hat, kann er leider auch nicht so genau: Er war noch bei der Festnahme alkoholisiert. Aber Krämer hat seinem Anwalt aufgetragen, sich an Köbi zu wenden. Der soll herausfinden, wer es auf den Anlageberater abgesehen haben könnte. Die Akte, die Rothenbühler Köbi überreicht, ist mehr als übersichtlich, und so führen ihn seine Ermittlungen von der Langstrasse nach Regensdorf und zurück an den Zürichberg.

Stephan Pörtner, geboren 1965, wuchs in einer Schriftstellerfamilie auf: Seine Mutter war U?bersetzerin, sein Vater Autor, seine Schwester ist die Schriftstellerin Milena Moser. Er lebt in Zu?rich, wo seine sechs Krimis mit Ko?bi Robert, dem Detektiv wider Willen, spielen. Der letzte Band Po?schwies wurde mit einem Werkbeitrag ausgezeichnet, fu?r Stirb, scho?ner Engel erhielt er den Zu?rcher Krimipreis. Po?rtner war bereits drei Mal fu?r den Glauser Kurzkrimi-Preis nominiert. Fu?r das Straßenmagazin Surprise schreibt er die Kolumne Tour de Suisse, fu?r das Schweizer Radio Ho?rspiele, ist Co-Autor der Theaterstu?cke Polizeiruf 117 und Die Bankra?uber. Sein ju?ngster Roman Heimatlos wurde von der Literaturkommission des Kantons Zu?rich mit einem Anerkennungsbeitrag ausgezeichnet.

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Ich musste eine Weile suchen, ehe ich das Büro des Anwalts fand. Rothenbühler, den Namen hatte ich noch nie gehört.

Er hingegen kannte mich oder hatte zumindest meine Telefonnummer. Wahrscheinlich kannte er nur meine Nummer, sonst hätte er mich nicht frühmorgens um acht Uhr angerufen. Die Angelegenheit sei dringend und lasse sich nicht am Telefon besprechen.

»Kommen Sie bitte um halb zehn in mein Büro«, hatte er gesagt und mir die Adresse gegeben.

»Gut, dann komme ich halt um halb zehn«, hatte ich verschlafen gemurmelt und verzweifelt nach einem Stift gesucht, um den Straßennamen, der mir schon wieder zu entwischen drohte, festzuhalten. Ich schaffte es gerade noch.

Rothenbühlers Büro befand sich in meiner Nähe, beim Idaplatz, an einer jener Straßen, von denen man den Namen kennt, aber nie so genau weiß, wo sie sich befinden, weil man dort nichts zu suchen hat. Es war fünf nach halb, als ich vor der Bürotür im dritten Stock eines Altbaus stand.

Bitte läuten und eintreten, stand auf einem kleinen Aluminiumschild über einem weißen Knopf. So läutete ich und trat in eine Art Vorzimmer, das nicht sehr groß, aber ziemlich hoch war. Vor dem Fenster stand eine verstaubte Grünpflanze, links und rechts davon waren zwei graue Aktenschränke. Eine junge Frau saß hinter einem Schreibtisch und telefonierte. Sie sah irgendwie ungesund aus. Vielleicht lag es auch an dem ausgesucht hässlichen Teppich oder an der Atmosphäre des Raumes. Alles sah alt und abgenutzt aus, als hätte es jemand hier stehen lassen, statt auf den Flohmarkt zu bringen.

»Einen Moment bitte«, sagte die Frau in den Hörer und drückte einen Knopf an ihrem Telefon. Der Apparat sah durchaus modern aus.

»Herr Robert?«

Ohne auf mein Nicken zu warten, wies sie mit dem Kopf nach rechts zu einer Tür, die einen Spalt weit offen stand. Ich ging hinüber und klopfte an den Türrahmen.

»Ja?«, rief es von drinnen, und ich ging hinein. Fast wäre ich dabei mit einem Mann zusammengestoßen. Es war der Anwalt Rothenbühler, wie sich herausstellte.

»Hoppla«, sagte er und bat mich, Platz zu nehmen. Er wirkte zerstreut und abwesend. Sein Alter war schwer zu schätzen, vielleicht war er gleich alt wie ich, Mitte dreißig, vielleicht aber auch zehn Jahre älter. Er hatte halblange, strähnige Haare, sein Gesicht war lang und schmal, die Haut schimmerte weißlich-gelb. Auf der spitzen, schmalen Nase trug er eine runde, breitrandige Brille. Die Gläser waren dick, richtige Flaschenböden. Er hatte einen grauen Wollpullover und braune Manchesterhosen an. Auf dem Tisch stand ein Aschenbecher, der schon ziemlich voll war.

Rothenbühler setzte sich an den Schreibtisch und griff nach seinen Zigaretten.

»Stört es Sie?« Ich schüttelte den Kopf, er steckte sich eine Gauloise blau ohne Filter an.

»Ich nehme an, Sie haben schon von der Sache mit Bruno gehört?«

»Welcher Bruno?«

»Bruno Krämer. Er wurde verhaftet.«

»Bruno? Warum denn das?«

»Mord!«

Ich sagte nichts mehr, sondern schaute diesen seltsam vogelhaften Mann an, der auf seinem Schreibtisch herumfuhrwerkte. Durch die Brillengläser waren die Augen nur verschwommen zu erkennen. Vielleicht war er doch eher Fisch als Vogel.

»Ja«, sagte er ungerührt. »Vor zwei Tagen. Das Tötungsdelikt Baumann.«

Er sah mich an, soweit ich das erkennen konnte. Die Asche fiel von seiner Zigarette, er nahm einen Zug, hob mit der rechten Hand das Papier, auf dem die Asche lag und kippte sie in den Papierkorb. Eine Übung, die er routiniert, quasi blind ausführte. Ich sagte noch immer nichts. Da nicht anzunehmen war, dass er mich herbestellt hatte, um Schabernack mit mir zu treiben, war das, was er mir da erzählte, wohl die Wahrheit. Auch wenn es unmöglich war.

»Sie sind doch ein Freund von Bruno, nicht wahr?«

Ich nickte. Der Anwalt lehnte sich in seinem quietschenden Bürosessel zurück, dessen schwarzes Leder brüchig und abgeschabt war. Es hätte mich nicht gewundert, wenn d