: Marianne Sophia Wise, Sarah Skov, Olrik, Lea Lind, Andrea Hansen
: Der Handwerker und zehn andere erotische Erika Lust Geschichten
: LUST AND LOVE
: 9788726150087
: LUST
: 1
: CHF 7.00
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: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 174
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hemmungslose Kurzgeschichten über Lust und Verlangen!Henry arbeitet als Hilfsarbeiter auf einer Bohrinsel in der Nordsee. Zwei Wochen lang arbeitet er durchgehend zwölf Stunden am Tag, anschließend geht es für ihn zurück aufs Festland. Im Urlaub lässt er es sich gut gehen: Spaß haben, Freunde treffen, Frauen vögeln. Seine Maxime ist einfach: Eine Nacht, eine Frau. Nur ein einziges Mal macht er eine Ausnahme. Ihr Name ist Clara und die bringt Henry ganz schön ins Schwitzen... Lassen Sie sich verführen von prickelnden Novellen, die ebenfalls in diesem Hörbuch enthalten sind: Lieber SchwagerDer FeministEin neuer FreundTinder-TaxiDer HandwerkerDer rote DiamantDas Spiel mit Mr. XSeeräuber JennyMeine Erinnerungen an dichGeneration Autosex-

Die Kurzgeschichte wurde in Kooperation mit der schwedischen Filmproduzentin Erika Lust herausgegeben. Ihr Ziel ist es, durch Erzählungen um Leidenschaft, Intimität, Liebe und Lust in einer Kombination aus starken Geschichten und erotischer Komödie die Natur und Vielfältigkeit der Menschen zu schildern. Erika Lust macht Erotik für Frauen und setzt deren Interessen, Gedanken und Empfindungen in den Mittelpunkt.

Lieber Schwager


Nur zwei Stunden, nachdem alle Gäste zu Bett gegangen sind, wache ich in dem großen, ländlichen Ferienhaus auf. Das liegt wohl vor allem am Rotwein. Ich habe den Überblick verloren, wie viele wir sind. Die ganze Familie ist hier zum jährlichen Treffen zusammengekommen. Es gab einen Haufen Gerede, Diskussionen und Wangenküsse. Manchmal fällt es mir schwer zu glauben, dass mein Mann Joel und ich wirklich zu dieser Familie gehören. Er legt sonst eine gewisse Verschlossenheit an den Tag, vielleicht ist die aber auch erst in letzter Zeit entstanden.

Im Haus herrscht Stille. Nur Jacob und ich schlafen im Hauptgebäude. Seit mehreren Jahren schlafen Joel und ich getrennt, er schnarcht nämlich. Wir behaupten jedenfalls, dass es daran liegt. Ich bin es gewohnt, allein zu schlafen. Ich bin es auch gewohnt, lange wach zu liegen und während der Sommermonate zu Schlaflosigkeit zu neigen. Ich war schon immer ein begieriger Mensch. Besonders in diesem Sommer habe ich mich nach Berührung und Intimität gesehnt. Jacob, Joels kleiner Bruder, hat irgendetwas. Etwas Drängendes, Freches. Einen Funken, der noch nicht verglüht ist. Eine Gefahr, die er noch nicht zu zügeln gelernt hat.

Die Bettwäsche ist schwer, im Zimmer herrscht kühle Luft. Ich schalte das Nachtlicht an. Über dem Bettrand hängt ein großes Gemälde italienischer Weinberge, wie man sie bei Tag auch durch das Fenster sieht. Auf der Bettwäsche sind große Blumen abgebildet und am Fußende liegt eine dicke Decke.

Mein gepunkteter Seidenkimono liegt auf einem Lehnstuhl. Ich stehe auf und schmiege ihn um meinen Körper, knote ihn locker zusammen. Ich betrachte mich im Spiegel an der Wand. So schlimm ist es nicht. Das Band des Kimonos betont die schmale Taille über meinem kurvigen Po. Ich streiche mir das Haar aus dem Gesicht und befestige es mit einer Spange. Danach gehe ich den langen Gang entlang zur Küche. Ich stehe meistens auf, wenn ich nicht schlafen kann und trage meist nichts als den Kimono. Die dunklen Stunden lassen mich aufblühen, sie gehören ganz allein mir.

Draußen scheint der Mond hell. Auf dem Weg schalte ich das Licht an, dann auch in der Küche, bevor ich mir ein frisches Glas Rotwein einschenke. Wie der Rest des Hauses strahlt die Küche eine ländliche Idylle aus. Ich glaube, eine Tante wohnt hier. Auf einem Landsitz, der seit Generationen weitervererbt wird. Dieser Bruch mit der Stadt ist angenehm. Die Klinkersteine auf dem Boden sind immer noch warm von der Hitze, die sie den Tag über aufgesaugt haben. Ich setze mich auf einen der hohen Stühle. Meine Nägel sind wegen des Festes rot lackiert. Ich spüre die Seide auf meiner Haut. Der Wein duftet stark, als ich an ihm nippe. Da höre ich ein Poltern von der Treppe und einen Augenblick später kommt Jacob zum Vorschein. Er wirkt verschlafen, fragt, ob ich nicht schlafen kann und nickt in Richtung meines Glases. Ich lächle und erkläre, dass ich im Sommer bei Vollmond oft unter Schlaflosigkeit leide. Er lächelt, nickt, und nimmt sich auch ein Weinglas aus dem Schrank hinter mir. Er ist barfuß, trägt dunkle Jeans und ein weißes Unterhemd. Während er sich einschenkt, bewegen sich die Muskeln unter seiner goldenen Haut. Zwischen uns war schon immer eine Art Flirt am Laufen. Lange Blicke, leichte Berührungen und so weiter. Als ich im Lauf des Tages ein Bad nahm, schloss ich die Tür nicht ab und Jacob platzt