1. KAPITEL
„Was kann ich Ihnen bringen, Sir?“ Der Barkeeper wischte lustlos über die Theke, richtete sich aber auf, als er Dimitris erblickte. „Sie sehen dem Starkoch Dimitris Kyriakou sehr ähnlich, wenn ich das sagen darf.“
„Das habe ich schon öfters gehört“, murmelte Dimitris trocken. Er war es gewöhnt, in der Öffentlichkeit erkannt zu werden – das brachte das Berühmtsein mit sich. An diesem Abend aber beschäftigte ihn etwas, und er hatte keine Lust auf ein Gespräch mit dem Barkeeper. „Eine Flasche Champagner und ein paar Gläser, bitte.“
„Natürlich, Sir. Sind Sie Hotelgast? Dann kann ich für eine Lieferung aufs Zimmer sorgen.“
„Ich nehme es mit.“ Dimitris lächelte, aber sein Blick war hart. „Es soll eine kleine Überraschung werden.“ Er ließ sich seine Ungeduld nicht ansehen, während der Barkeeper zwei Gläser auf ein Tablett stellte, Eis in einen Eimer schaufelte und eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank nahm.
„Gibt es etwas zu feiern?“, fragte der junge Mann gesprächig.
„So in der Art.“
Bestätigte sich der Verdacht seiner Schwester Eleni über ihren Partner Matt Collier, war die Verlobung Vergangenheit. Für Dimitris wäre das ein Grund zum Feiern. Er hatte diskret herausgefunden, dass Collier angeblich seine früheren Freundinnen betrogen hatte.
Eleni verdiente einen treuen und liebevollen Mann als Ehepartner. Dimitris dachte voller Schmerz an die glückliche Ehe seiner Eltern bis zu ihrem tragischen Tod. Als Elenis Bruder fühlte er sich verpflichtet, ihr bei den Nachforschungen zu helfen, ob Collier eine Geliebte hatte. Schließlich war er schuld daran, dass seine jüngere Schwester im Alter von zehn Jahren zur Vollwaise geworden war.
Dimitris war vierzehn, als seine Eltern ums Leben kamen. Eleni hatte bei dem Unfall damals lebensverändernde Verletzungen erlitten. Erstaunlicherweise war er selber beinahe unversehrt aus dem Autowrack gestiegen. Übrig geblieben war eine schwache weiße Narbe, die er im Spiegel hinter der Bar sah. Sie zog sich über seine Wange und wurde am Kiefer von den dunklen Bartstoppeln verdeckt.
Die Narbe war zwar verblasst, doch die Schuldgefühle blieben. In den letzten achtzehn Jahren hatte sich Eleni zahlreichen Operationen unterziehen müssen und lange Zeit einen Rollstuhl oder Gehstock gebraucht. Dank neuester chirurgischer Erfolge würde sie auf ihrer Hochzeit in drei Wochen ohne Hilfe vor den Altar treten können. Außer Dimitris fand einen Beweis, dass Elenis aalglatter Verlobter, ein Werbefachmann, sie betrog.
„Matt verhält sich in letzter Zeit seltsam. Deswegen konnte ich nicht anders und habe mir vor Kurzem sein Handy angeschaut, als er im Nebenzimmer war. Er schreibt regelmäßig einer Frau, die er S. nennt“, hatte Eleni geschluchzt.„Matt hat mir erzählt, dass er am Wochenende zu einem Golfturnier fährt, aber in seinen Nachrichten steht, dass er mit S. in einem Hotel verabredet ist. Ich muss die Wahrheit wissen. Du hilfst mir doch, Dimitris, oder?“
Also war Dimitris in das Hotel ein paar Meilen außerhalb von London gefahren, in dem das geheime Rendezvous von Elenis Verlobtem stattfinden sollte. Auf dem Parkplatz stand Colliers Auto. Die Zimmernummer stand in der Handynachricht der mysteriösen S. Nach dem mittelmäßigen Abendessen, bei dem er Collier und seine Gefährtin nicht zu Gesicht bekommen hatte, musste er seinen Plan B anwenden.
Er nahm das Tablett von der Bar und betrat den Fahrstuhl.
„Ich dusche noch schnell, Baby. Geh nicht weg!“ Matt zwinkerte Savannah zu und verschwand im Bad. Sie lächelte gezwungen, aber ihr Gesicht verdüsterte sich.
Sie konnte es nicht durchziehen. Sie konnte nicht mit Matt schlafen, auch wenn es ihr drittes Date war und es dann gewöhnlich zu Sex kam. Deshalb hatte sie sich seit Jahren nie mehr als zweimal mit einem Mann getroffen. Sie wollte sich nicht unter Druck setzen und eine sexuelle Beziehung überstürzen. Bei ihren Rendezvous fehlte immer etwas, und die Entscheidung, die Männer nie wieder zu sehen, fiel ihr jedes Mal leicht. Doch zu Matt fühlte sie sich hingezogen und seine offene, freundliche Art ließ ihre gewohnte Vorsicht dahinschmelzen.
Sie waren beide erwachsen, ungebunden und wollten es einvernehmlich. Wo lag also das Problem? Die unpersönliche Ausstattung der Hotelsuite war nicht gerade romantisch, und Savannah kam sich eher schäbig vor. Vielleicht hätten sie ihre erste gemeinsame Nacht doch in Matts Wohnung in Canary Wharf verbringen sollen, wo sie sich vielleicht wohler gefühlt hätte. Aber Matt hatte gesagt, dass bei ihm gerade Raumgestalter arbeiteten und dort Chaos herrschte.
Matt hatte ein privates Abendessen in der Suite organisiert. Die Geste war nett, aber Savannah hatte vor Nervosität kaum etwas anrühren können. Froh über den Moment allein lief sie nun im Zimmer auf und ab und fuhr sich angespannt mit den Fingern durchs Haar.
Sei keine Idiotin!, sagte sie ihrem Spiegelbild.
Sie versuchte, sich zu beruhigen. Natürl