Alt werden ist nichts für Feiglinge. Zunehmend treten Schmerzen an den Gelenken und Weichteilen auf, jeden Morgen braucht es mehrere Minuten Anlauf, um die Steifigkeiten in den Beingelenken zu vertreiben und den Rücken aufzurichten. Und auch die Muskeln fühlen sich unbeweglich an. Das Gehen wird ungelenkig, wackelig und unsicher, und es geht schon lange nicht mehr, Socken auf einem Bein stehend anzuziehen. Ein schneller Schritt zur Seite wird zu einem waghalsigen Manöver, bei dem um das Gleichgewicht gekämpft wird, und es kann eine große Hürde werden, vom Boden aufzustehen. In einem höheren Lebensalter stellen häufig selbst einfache Bewegungen, wie mit den Händen die eigenen Füße anzufassen, mit den Zehen ein Taschentuch zu greifen und anzuheben, im Schneidersitz zu sitzen, die Hände hinter dem Oberkörper zusammenzubringen, auf einer Gartenmauer zu balancieren oder auf einem Bein zu stehen, eine große Herausforderung für das Bewegungssystem dar. Das Prinzip von Bewegung und Beweglichkeit sowie die gesundheitlichen Wirkungen von Bewegung sind so alt wie die Menschheit selbst. Neben Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination gehört Beweglichkeit ebenfalls zu den wichtigsten körperlichen Fähigkeiten. Während Beweglichkeit in jungen Jahren noch als Selbstverständlichkeit betrachtet wird, gewinnt sie mit steigender Lebenserfahrung nahezu den Status eines Privilegs. Das Gute an Privilegien ist: Man kann sie sich erarbeiten, verdienen und erhalten.
Körperliche Alterungsprozesse und die gesundheitliche Situation gehen nicht ausschließlich auf genetische Faktoren zurück, sondern sind das Ergebnis einer individuellen Lebensführung. Bewegungsmangel ist neben einem ungünstigen Lebensstil mit zu viel Essen, Rauchen und Alkoholgenuss der Hauptgrund für schnelleres und ungesundes Altern. Das Seniorendasein wird zu einem großen Teil durch unseren modernen Lebensstil und unsere Gewohnheiten aus dem bisherigen Lebensweg geprägt. So kann es zu einer Reihe ungewollter körperlicher Anpassungsreaktionen kommen. Als Senior hat man unter anderem mit Flüssigkeits- und Elastizitätsverlust im Körper zu kämpfen, was zu morgendlicher Steifigkeit in den Knien, der Hüfte oder dem Rücken führen kann. Lange sitzende Tätigkeiten im beruflichen Lebensabschnitt begünstigen einseitige Belastungen, die uns Schmerzen am Bewegungsapparat bescheren können. Durch zu wenig variable Bewegungen und mangelnde Aktivität verliert unser Körper viele seiner Bewegungsmöglichkeiten. Es wird nicht mehr gehüpft, nicht mehr auf dem Boden gekrabbelt und schon gar nicht im Schneidersitz gesessen. Doch diese kindlich anmutenden Bewegungsformen tragen den Schatz der Jugend in sich. Also zurück zu den verschollenen Bewegungen, denn für eine Veränderung ist es nie zu spät. Eine Verbesserung der Beweglichkeit ist ein wichtiger Pfeiler für die Gesundheit – auch im Seniorenalter. Die dafür nötige Motivation steckt in den gesundheitswirksamen Veränderungen, die durch mehr Beweglichkeit im Körper erreicht werden können. Diese Veränderungen reichen von einer besseren Durchblutung, einer effektiveren Atmung, mehr Gelenkbeweglichkeit und wenigeren ungünstigen Muskelspannungen bis hin zu der Verringerung von konkreten Gesundheitsrisiken wie Arthrose, Schlaganfall oder Herzinfarkt. Beweglichkeit ist ein wahrer Jungbrunnen, und je mehr Bewegungsoptionen du hast, desto vielfältiger sieht dein gelebter Bewegungsalltag aus und desto sicherer bist du vor gesundheitlichen Störungen. Jede Bewegung zählt.
Beweglich, flexibel, variabel, anpassungsfähig, elastisch, gelenkig, mobil, rege, aktiv … das sind Attribute, die wir nur zu gerne der Beweglichkeit auf körperlicher Ebene zuschreiben. Aber auch ein beweglicher Geist wohnt in einem beweglichen Körper, und so hat eine körperliche Mobilität unweigerlich auch Auswirkungen auf die geistige Verfassung. Wer seinen Körper in puncto Beweglichkeit trainiert, verbessert nicht nur die körperliche Beweglichkeit, sondern verändert zudem die Körperwahrnehmung und damit auch mentale Fähigkeiten wie Koordination, Konzentration, Wahrnehmungsfähigkeit, Merk- und Assoziationsfähigkeit. So kann ein körperliches Beweglichkeitstraining der Beginn von geistigen Anpassungsreaktionen sein, die das gesamte Nervensystem, also das Gehirn und die peripheren Nerven, aktiver und effektiver machen können. Den Körper, die Gelenke und den gesamte