: Gitta Reuner, Melanie Gräßer
: Chronische körperliche Erkrankungen
: Hogrefe Verlag GmbH& Co. KG
: 9783844431438
: 1
: CHF 21.20
:
: Psychologie
: German
: 199
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Chronische körperliche Erkrankungen, wie z.B. Asthma bronchiale, Diabetes mellitus, Epilepsie, Migräne, Morbus Crohn, Mukoviszidose oder Rheuma, betreffen eine große Zahl von Kindern und Jugendlichen. Viele von ihnen entwickeln von selbst die Kraft, um mit den zusätzlichen Herausforderungen und Belastungen zu leben, andere benötigen Unterstützung. Chronische körperliche Erkrankung können u.a. durch das Erleben von Kontrollverlust, durch Ängste oder durch die Einschränkung sozialer Kontakte erhebliche Auswirkungen auf das psychische Befinden haben. In manchen Fällen kann eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie angebracht sein, um notwendige Anpassungsprozesse zu unterstützen. Der Leitfaden fasst den Stand der Forschung zu wichtigen Aspekten bei chronischen körperlichen Erkrankungen zusammen. Er gibt für die Psychotherapie relevante Informationen zu einer breiten Auswahl chronischer Erkrankungen. Kernstück des Leitfadens sind Leitlinien zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen, zur Verlaufskontrolle, Behandlungsplanung und zur Transition in die Erwachsenenmedizin. Weiterhin wird ein Überblick über diagnostische Verfahren und Interventionsprogramme gegeben und auf die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit eingegangen. Zahlreiche Materialien, die in der Behandlung eingesetzt werden können, werden zur Verfügung gestellt. Unterschiedliche Fallbeispiele illustrieren die Umsetzung der Leitlinien in den therapeutischen Praxisalltag. Ziel des Leitfadens ist es, die psychotherapeutische Versorgung von chronisch körperlich kranken Kindern und Jugendliche zu verbessern und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in ihrer Arbeit zu unterstützen.

|49|2  Leitlinien


Dieses Kapitel gibt in Form von Leitlinien Empfehlungen für die Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen mit einer chronischen körperlichen Erkrankung. Eine Übersicht über alle Leitlinien findet sich inTabelle 4. Es werden dabei Aspekte der Diagnostik, der Verlaufskontrolle und Qualitätssicherung, der Wahl des Behandlungssettings, der Gestaltung der Rahmenbedingungen der Therapie sowie unterschiedliche Aspekte der Therapiegestaltung aufgegriffen.

L1

Exploration bei Vorliegen einer chronischen körperlichen Krankheit

L1.1

Gestaltung des Erstkontaktes

L1.2

Exploration des Kindes/Jugendlichen und der Eltern/Bezugspersonen

L1.3

Exploration der allgemeinen Verhaltensentwicklung, der krankheitsspezifischen Entwicklung, des Krankheitskonzeptes und der Krankheitsanpassung

L1.4

Exploration von krankheitsbedingtem traumatischem Stress und anderer Traumata

L1.5

Exploration von krankheitsbedingten/-spezifischen Einschränkungen, Krankheitsmanagement sowie sozialrechtlichen Belangen

L1.6

Exploration von Ressourcen und der Lebensqualität

L1.7

Exploration der Erzieher:innen, Lehrkräfte und anderer wichtiger Bezugspersonen

L1.8

Exploration der mitbehandelnden Ärzt:innen

L2

Besonderheiten in der Diagnostik

L3

Integration der diagnostischen Befunde in die Bedingungsanalyse, die Definition von Behandlungszielen und die Therapieplanung

L4

Verlaufskontrolle und Qualitätssicherung

L5

Indikationen für die Wahl des Behandlungssettings (ambulant, teilstationär, stationär, Rehabilitation, multimodal)

L6

Therapie

L6.1

Besonderheiten in der Gestaltung der Rahmenbedingungen

L6.2

Besonderheiten in der Therapieplanung

L6.3

Besonderheiten in der Psychoedukation

L6.4

Allgemeine und spezifische Coping-Strategien

|50|L6.5

Compliance und Non-Compliance in der Psychotherapie

L6.6

Akzeptanz und Selbstwert

L6.7

Krankheitsbedingte Sonderrolle und Stigmatisierung

L6.8

Wut, Trauer und Abschied

L6.9

Besonderheiten bei der Transition in die Erwachsenenbehandlung

2.1  Leitlinien zur Diagnostik und Verlaufskontrolle


Dieses Kapitel gibt Empfehlungen zur Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Kindern und Jugendlichen mit einer chronischen körperlichen Krankheit in der Psychotherapie. Grundsätzlich basiert die spezifische Diagnostik bei Vorliegen einer chronischen körperlichen Krankheit auf dem aktuellen Forschungsstand (vgl.Kapitel 1) und folgt den allgemeinen Prinzipien der Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen (Döpfner& Petermann, 2012).

Manche Patient:innen kommen mit Verweis auf psychische Probleme im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer chronischen körperlichen Erkrankung in die Praxis. Andere erwähnen das Vorliegen selbiger gar nicht von allein, sondern nur auf Nachfrage. Manche Patient:innen sind auch erstaunt, warum ihre chronische körperliche Erkrankung im Rahmen der Vorstellung in einer psychotherapeutischen bzw. psychiatrischen Praxis eine Rolle spielen sollte.

Daher sollte bereits im Erstkontakt die Frage nach dem Vorliegen einer chronischen körperlichen Erkrankung standardmäßig gestellt werden. Bestätigen die Bezugspersonen oder Patient:innen das Vorliegen, muss diesem Umstand besondere Beachtung geschenkt werden. Die Exploration des betroffenen Kindes sowie deren Bezugspersonen ist wichtigster Ausgangspunkt der Diagnostik und Grundlage für die Therapieplanung. Bereits die Vorbereitung des Erstkontaktes und Gestaltung erster Begegnungen sind maßgeblich für eine gelingende Exploration (vgl.Leitlinie L1).

Auch beim...