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Mitja Amurow beobachtete, wie der Regen am Fenster hinunterlief. Die Limousine hatte getönte Scheiben, was die Welt da draußen noch dunkler erscheinen ließ, aber vielleicht lag es eher an seiner düsteren Stimmung, dass er nichts anderes wahrnahm als den scheinbar endlosen Regen. Er hatte ständig Schmerzen. Die Kugeln hatten nicht nur ihn, sondern auch seinen Leoparden durchbohrt und beinahe getötet. Er wünschte, sie wären wirklich daran gestorben.
Er war nicht zum ersten Mal angeschossen worden, doch diesmal hatte er gewissenhafter Physiotherapie betreiben und härter trainieren müssen als jemals zuvor – auch wenn er nicht wusste, weshalb er das alles auf sich nahm. Sein Leopard, schon immer eine grausame und ständig um ihre Freiheit kämpfende Kreatur, ließ sich inzwischen kaum noch bändigen. Oder vielleicht war Mitja einfach nur müde von der Auseinandersetzung, die er Tag für Tag mit seiner Raubkatze führen musste. Eigentlich war es ihm aber auch egal, woran es lag. Er hatte die Hoffnung auf ein Leben, das diese Bezeichnung auch verdiente, längst aufgegeben.
Seit der Stunde seiner Geburt hatte er gewusst, was er war, und sein Leopard hatte keinen Zweifel daran gelassen, welches Schicksal ihm vorbestimmt war. Er war schon als Kind zu einem Kriminellen geworden, und nun war er ein Mann, der das Leben anderer zerstörte. Ein Mörder. Was er auch tat, um sich aus dieser Welt aus Blut und Verrat zu befreien – es gab kein Entkommen, jetzt nicht und auch später nicht. Er hatte nichts, wofür es sich zu leben lohnte.
Sein Leopard drängte an die Oberfläche, kratzte und schlug mit der Pranke nach ihm. Er wollte die Kontrolle übernehmen. Während Mitja dagegenhielt und ihn wieder zurückdrängte, kam ihm der Gedanke, dass seine Raubkatze vielleicht auf seine missmutige Stimmung reagiert hatte. Doch dann warf sich sein Leopard so abrupt herum, dass er Mitjas Körper mit sich riss. Er sah die Scheinwerfer eines Wagens am Straßenrand.
»Miron, halt an.«
Sein Fahrer trat sofort auf die Bremse, die beiden Autos vor und hinter ihnen hielten ebenfalls.
»Dreh um und fahr zurück zu dem Auto, das da am Straßenrand steht.«
Sie befanden sich auf der kaum befahrenen Straße, die zu seinem Landhaus in den Hügeln bei San Antonio führte. Auf dem riesigen Anwesen konnte er seinen Leoparden frei laufen lassen, ohne befürchten zu müssen, dass dieser zufällig einem Menschen begegnete.
»Mitja, was soll das werden?«, fragte Sewastjan besorgt. Er drehte sich zu dem Wagen da draußen in der Dunkelheit um. Die hellen Scheinwerfer verhinderten einen genaueren Blick auf das Auto. Er griff nach seiner Waffe und bedeutete den anderen Insassen, es ihm gleichzutun. Über Funk gab er den Sicherheitsleuten in den Fahrzeugen vor und hinter ihm Bescheid, sich für alle Fälle einsatzbereit zu machen.
Mitja antwortete nicht. In dem Moment, in dem sie neben dem am Straßenrand abgestellten Wagen hielten, öffnete er die Tür, bevor Sewastjan, sein Cousin und Bodyguard, ihn aufhalten konnte. Am Heck