: Fynn Jacob
: Das Blut der Nordsee Kriminalroman. Ein Fall für Jaspari und van Loon
: Heyne Verlag
: 9783641306342
: & van Loon ermitteln
: 1
: CHF 8.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 320
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein einsamer Tod. Ein brisantes Geheimnis. Viele offene Fragen.

Die von der nordfriesischen Insel Föhr stammende Journalistin Teeske Saathoff wird fern der Heimat am niederländischen Oosterschelde-Sperrwerk tot aufgefunden. Wurde sie ermordet? Iska van Loon und Marten Jaspari übernehmen die Ermittlungen und finden heraus, dass Teeske vor ihrem Tod Kontakt zum umstrittenen Erd- und Wasserbauunternehmen Epsilon aufgenommen hat. Das Unternehmen ist verantwortlich für den Küstenschutz an der Nordsee. Hat Teeske brisante Informationen zugespielt bekommen, die sie das Leben gekostet haben? Der Fall schlägt Wellen bis in die Politik, doch auch auf Föhr ist alles anders, als es scheint. Welches dunkle Geheimnis umgibt die Familie des Opfers? Iska und Marten müssen schnellstmöglich Ergebnisse liefern – und herausfinden, ob die Deiche an der Nordseeküste noch sicher sind. Denn die nächste Sturmflut kommt …

Fynn Jacob heißt im richtigen Leben Christian Kuhn und lebt in Langenfeld in der Nähe seiner Geburtsstadt Köln, ist der Nordsee und ihren Inseln jedoch schon seit Kindertagen verbunden. Die unter seinem bürgerlichen Namen veröffentlichten Kriminalromane »Nordseedämmerung« und »Nordseedunkel« spielen auf den ostfriesischen Inseln Juist und Norderney, die neue Romanreihe um Marten Jaspari und Iska van Loon an unterschiedlichen Orten sowohl an der deutschen als auch der niederländischen Nordseeküste.

Kuhn ist Mitglied im SYNDIKAT e.V., dem Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur. Mehr unter www.kuhnchristian.de

Prolog


Deutschland, Hallig Langeneß.
Samstag, 3. Januar 1976


08:30 Uhr

»Das Wasser läuft gar nicht ab. Das hab ich auch noch nicht erlebt.« Papa kam von seiner Morgenrunde zurück, die schwere Eingangstür machte das vertraute Klacken, als sie hinter ihm zufiel, ein wenig schneller als sonst, wahrscheinlich hatte der Wind nachgeholfen. Auf Papas Jacke und an seiner Stirn schimmerte es feucht, die Haare klebten am Kopf. Die Gischt der Nordsee, die wie feiner Nieselregen über die Hallig geweht wurde. Der Sturm war in der Nacht stärker geworden, klang nun anders. Teeske war nicht ganz klar, auf welche Art und Weise genau anders, vielleicht ein anderer Ton, ein anderes Rauschen, das um die Häuser der kleinen Warft zog. »Ich hole die Schafe jetzt auch schon mal nach oben. Bevor es nachher hektisch wird.«

Rinder, Pferde und Hühner hatten sie schon in die Notställe gebracht, Heu und Frischwasser verteilt. Die Tanks waren aufgefüllt, für den Fall, dass die Leitung vom Festland beschädigt würde und das Süßwasser in den Fehtingen vom einlaufenden Meerwasser versalzen würde.

»Nimm Wotan mit, auch wenn es dann länger dauert.« Der Schäferhund war fast genauso alt wie Teeske und so etwas wie das zweite Kind der Familie. »Es wird ihm guttun, noch einmal richtig herumzurasen.« Mamas Stimme klang ruhig wie immer. Es würde Land unter geben, Teeske hatte zusammen mit Mama und Papa die Wettervorhersage der Tagesschau gesehen. Und am Morgen hatten es die Behörden bestätigt. Andreas, der Warftobmann, hatte schon um acht Uhr seinen Meldegang gemacht und allen Bewohnern der Warft Bescheid gegeben. Kein Grund zur Beunruhigung, Land unter kam auf den flachen Inseln zehn- bis fünfzehnmal im Jahr vor. Auch wenn der Wind dieses Mal wirklich ungünstig war. Teeske schluckte.

Das Wasser läuft gar nicht ab, hatte Papa gesagt. Die letzte Flut war eigentlich längst vorbei, der Pegel hätte sinken müssen. Tat er aber nicht, und der Sturm drückte die Nordsee weiterhin so sehr gegen die Küsten, dass die Ebbe praktisch ausblieb. Nein, Mamas Stimme hatte sich nicht verändert. Aber ihr Blick war ernst, Teeske konnte ihr ansehen, dass sie sich Sorgen machte. Die Tide schlug um. Die Flut rollte nun heran.

Ihre Eltern hatten von der schlimmen Flut 1962 erzählt, die viele der Häuser auf den Halligen zerstört und so viele Tiere getötet hatte, weil das Wasser einfach zu hoch gestiegen war. Das lag aber lange zurück. Inzwischen hatte man die Warften, die Erdhügel, auf denen die Gebäude der Halligen standen, deutlich erhöht, und außerdem noch in einem weniger steilen Winkel, sodass die Wellen beim Auflaufen ihre Kraft verloren und weniger Schaden anrichten konnten. Papa hatte ihr das genau erklärt. Und zur Not gab es ja jetzt den Schutzraum, in den sie sich zurückziehen konnten, der war gebaut worden, als Mama mit ihr schwanger war. Ein kleiner Raum oben in der ersten Etage, der auf mächtigen, tief in der Warft verankerten Betonpfeilern ruhte. Es ist alles sicher, hatten Mama und Papa ihr immer wieder gesagt. Wir wissen nicht, wie hoch das Wasser steigt oder wie lange es bleibt, wie schlimm es wird. Aber wir wissen, dass es irgendwann auch wieder geht.

Bereits am Vormittag schwappten die Wellen über den Sommerdeich, der die Insel umgab, und beim Mittagessen beobachtete Teeske, wie das Meedeland, auf dem sie im Frühjahr das Heu für die Tiere machten, überschwemmt wurde. Eine Planke des Holzzauns, der die Warft einfasste, brach von einem der Pfähle ab. Sie hob den Blick. Die Kirchwarft, die ihrer Warft gegenüberlag, konnte sie nur schemenhaft erkennen. Ein flacher grüner Punkt, drei Häuser, eine Kirche. Von Föhr