1
Wer Besessenheit erzeugt
Der Wagen, der sich an parkenden Autos vorbeischlängelte und dessen glatte Oberfläche im Vorbeifahren im hypnotisierenden Rhythmus der Straßenlaternen gestreift wurde, war nicht sonderlich auffällig.
Nur die beiden schwarzenSUVs, die ihm folgten und die mit Sicherheitspersonal besetzt waren, fielen auf. Die kleine Karawane näherte sich geräuschlos dem hinteren Teil des Stadions und umfuhr die Barrikaden davor, wo sich bereits neunzigtausend Fans in einer drängelnden Masse versammelt hatten.
Hinter den getönten Scheiben des ersten Wagens saß ein hagerer junger Mann, der, ein Bein über das andere geschlagen, das Kinn nachdenklich auf die Hand gestützt hatte und die Menschenmassen in der Ferne beobachtete.
Auf den ersten Blick fiel nicht auf, wie luxuriös er gekleidet war. Der schwarze Jogginganzug ohne Logos, den er trug, sah schlicht aus. Doch bei näherem Hinsehen erkannte man, wie sorgfältig alles ausgewählt war. Die handgenähten Details entlang der Säume, die feine Qualität des maßgeschneiderten Stoffes, die schmalen Ringe an seinen Fingern. Einer war mit winzigen schwarzen Diamanten besetzt, der andere aus Platin und mit seinem Logo graviert, einem stilisierten Kaninchenkopf, dessen Ohren zwei Hälften eines gebrochenen Herzens formten. Er trug seine Lieblingssneaker von Gucci, ein Geburtstagsgeschenk des Modehauses, und eine rosa getönte Fliegerbrille. Dieses Modell würde, eine Stunde nachdem er mit ihr in der Öffentlichkeit gesehen wurde, weltweit ausverkauft sein.
Auch wenn seine Kleidung nicht sofort Aufmerksamkeit auf sich zog, so doch alles andere an ihm.
Winter Young, der berühmteste Superstar der Welt, der junge Mann, über den alle redeten, war so schön, dass man kaum glauben konnte, dass es ihn wirklich gab. Er hatte eine leuchtende Ausstrahlung, die Leute drehten sich auf der Straße nach ihm um. Sein verwuscheltes Haar war so voll und schwarz, dass es im Licht blau schimmerte. Auf den linken Unterarm hatte er geometrische Formen tätowiert, die in einer Schlange endeten, deren Kopf sich um sein Handgelenk wand. Er hatte schmale, dunkle Augen mit langen schwarzen Wimpern. Seine Bewegungen waren geheimnisvoll und anmutig. Und innerhalb einer Sekunde konnte sein Gesichtsausdruck von schüchtern zu schelmisch wechseln. Aber es war mehr als das. Viele Menschen sahen objektiv hinreißend aus, doch dann gab es diese wenigen, diese strahlenden Sterne, die mit einer undefinierbaren Qualität so hell leuchteten, dass sie die Welt besessen machen konnten. Ein Blick genügte, um alles dafür zu tun, sie nie wieder aus den Augen zu verlieren.
Winter starrte auf die Fensterscheibe, beobachtete die Regentropfen auf dem Glas und die vielen verschiedenen Farben, die sich darin brachen. Er summte vor sich hin, experimentierte mit einem alternativen Übergang, sein Geist arbeitete an einer neuen Melodie. Neben ihm tippte seine Managerin auf ihr Telefon.
»Wenn Alice dich morgen früh um sechs Uhr dreißig für ein schnelles Fotoshooting einplant«, sagte sie, »reichen dir dann fünfzehn Minuten zum Frühstücken gegen fünf? Keine Antwort bedeutet Ja. Und vergiss nicht, denCEO von Elevate zurückzurufen. Miss Acombe möchte, dass du der Markenbotschafter für ihr kommendes Turnschuh-Redesign wirst. Oh, und wenn du nicht alle deine Auftritte in New York absolvieren willst, dann sag es mir lieber gleich.« Das Licht der Stadionscheinwerfer, das durch die getönten Scheiben des Wagens fiel, gab der dunklen Haut der Frau und ihrer Brille einen Grünstich. Ihr Tonfall war zwar durch den Regen gedämpft, ließ aber keinen Zweifel daran, dass sie es gewohnt war, Auseinandersetzungen mit ihm zu gewinnen. »Ricky Boulets