Voraussetzung für den Wohlstand der Stadt und des Reiches war der Friede, den Augustus nach den nicht enden wollenden blutigen Bürgerkriegen gebracht hatte. Es gibt wohl keine grausameren Kriege als Bürgerkriege, die nicht nur die Eintracht der Bürger, sondern auch die der Familien und der Nachbarn zerstören. Deswegen überschüttete man den neuen ersten Mann im Staat mit Ehrungen und Dankesbezeugungen. Doch Augustus war klar, dass dauerhafter Friede nicht bloß durch die Abwesenheit von Krieg erreicht werden kann. Das Ende des Wahnsinns allein produziert noch keinen Sinn. Der allgemeine Sittenverfall, den die jahrzehntelange hemmungslose Herrschaft der Gewalt bewirkte, hatte tatsächlich zu einer tiefen Verunsicherung beigetragen. Und so war es ihm darum zu tun, den Menschen wieder Sinn zu vermitteln, indem er altrömische Tugenden neu belebte: Rechtschaffenheit und Pflichtbewusstsein. Dazu, glaubte er, sei die Ehrfurcht vor den alten Göttern unabdingbar. Er selbst ging dabei mit gutem Beispiel voran.
Auf der Ara Pacis Augustae, dem Altar des augusteischen Friedens, den der Senat dem Kaiser im Jahre 13 vor Christus errichten ließ, sieht man Augustus, wie er den Göttern demütig Opfer darbringt. Der Kaiser schreitet links als nur noch zur Hälfte erhaltene Figur mit Lorbeerkranz der langen Prozession voran. Ihm folgen alle Angehörigen der kaiserlichen Familie, denn die Heiligkeit der Familie war den alten Römern Grundlage für den Bestand des Staates. Deswegen galt es den Römern auch später als völlig natürlich, die eigene Familie an Macht und Wohlstand zu beteiligen, die man selber errungen hatte. Allerdings akzeptierte man das nur, wenn alle einem höheren, einem allgemeinen Ziel dienten und nicht bloß den eigenen Egoismus pflegten. Außerdem sieht man in dieser Prozession Freunde wie Agrippa, der als Opfernder die Toga über den Kopf gezogen hat und dem die Liktoren mit eigentümlich spitzen Hauben vorausziehen. Dieser Altar muss auch damals schon
Ara Pacis Augustae, Museum der Ara Pacis
(Paul Badde)
altertümlich gewirkt haben, denn er war wie in uralten Zeiten zum Himmel hin offen. An der Ara Pacis kann man die Grundlagen sehen, auf denen Augustus die neue Art der Herrschaft aufbaute. Der Herrscher ist nicht herausgehoben, er reiht sich ein in eine Prozession, in der die Männer und Frauen sich auf Augenhöhe begegnen. Die exquisit gearbeiteten Reliefs zeigen ganz unterschiedliche, eigene Charaktere. Auch Augustus ist wie jeder Mensch ein soziales Wesen und er lebt in sinnvollen mitmenschlichen Bezügen, das sollte hier gezeigt werden. Die Alleinherrschaft des Augustus versteckt sich überhaupt hinter den alten republikanischen Formen, es gibt weiter Konsuln, auch den Senat und der ganze Bau der Ara Pacis Augustae erweist den alten Göttern die Ehre.
Wieweit Augustus freilich mit der Wiederbelebung der alten Religion Erfolg hatte, wird heute unterschiedlich beurteilt, doch ist nicht zu bestreiten, dass die Regierungszeit des Kaisers Augustus im Kontrast zu dem vorangehenden Jahrhundert der Bürgerkriege und auch zu den anschließenden Regierungen mancher dem Cäsarenwahn verfallener Herrscher eine Epoche von Frieden und Wohlstand war.
Dieser Wohlstand zeigte sich nicht nur an den öffentlichen Bauten, sondern auch im Privaten.
Wandfresko aus der »Villa der Livia«, Museo Nazionale Romano
(Alamy Stock Foto (Adam Eastland))
In der sogenannten Villa der Livia in Prima Porta nördlich von Rom haben sich reizende Naturszenen von köstlicher Lebendigkeit und Frische erhalten, die heute im Museo Nazionale Romano bewahrt werden. Livia war die Frau des Augustus. Es fällt leicht, sich vorzustellen, wie man sich in solchen edlen Räumen der