: B. Traven
: Die Baumwollpflücker
: Diogenes
: 9783257614787
: 1
: CHF 10.00
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der US-Amerikaner Gales schlägt sich als einziger Weißer in einer Truppe von Wanderarbeitern im Mexiko der 1920er-Jahre mit schlecht bezahlten Jobs durch - und gibt alles für einen Teller Bohnen und einen Schlafplatz. Als Baumwollpflücker, Öl-Bohrer, Bäcker und Cowboy erfährt er die Ausbeutung der ungelernten Arbeiter. Ein hoch spannender, sozialkritischer Abenteuerroman über den Vorabend der mexikanischen Revolution.

B. Traven (1882-1969), war bis 1915 unter dem Pseudonym Ret Marut als Schauspieler und Regisseur in Norddeutschland tätig. Es folgte der Umzug nach München, wo er 1917 die radikal-anarchistische Zeitschrift ?Der Ziegelbrenner? gründete und sich an der bayerischen Räteregierung beteiligte, die 1919 gestürzt wurde. Es gibt heute Hinweise, dass er der uneheliche Sohn des AEG-Gru¨nders Emil Rathenau und damit der Halbbruder von Walther Rathenau war, der 1922 als deutscher Außenminister ermordet wurde. Nach seiner Flucht nach Mexiko 1924 schrieb er unter dem Namen B. Traven 12 Bücher (darunter sein wohl bekanntester Roman ?Das Totenschiff?) und zahlreiche Erzählungen, die in Deutschland Bestseller waren und in mehr als 40 Sprachen veröffentlicht und weltweit über 30 Millionen Mal verkauft wurden. Viele davon wurden verfilmt, so ?Der Schatz der Sierra Madre? (Hollywood 1948), ?Das Totenschiff? (Deutschland 1959) und ?Macario? (Mexiko 1960). 1951 wurde er mexikanischer Staatsbürger, heiratete 1957 Rosa Elena Luján, seine Übersetzerin und Agentin, und starb am 26. März 1969 in Mexiko-Stadt.

Mr. Shine empfing uns mit einer gewissen Freude, weil er nicht genügend Leute zum Baumwollpflücken hatte. Mich nahm er persönlich ins Gebet. Er rief mich ins Haus und sagte zu mir: »Was! Sie wollen auch Baumwolle pflücken?«

»Ja«, sagte ich, »ich muss, ich bin vollständig ›broke‹, das sehen Sie ja, ich habe nur Fetzen am Leibe. Arbeit ist in den Städten keine zu haben. Alles ist überschwemmt mit Arbeitslosen aus den States, wo die Verhältnisse augenblicklich auch nicht rosig zu sein scheinen. Und wo man wirklich Arbeiter braucht, nimmt man lieber Eingeborene, weil man denen Löhne zahlt, die man einem Weißen nicht anzubieten wagt.«

»Haben Sie denn schon mal gepickt?«, fragte er.

»Ja«, antwortete ich, »in den States.«

»Ha!«, lachte er, »das ist ein ander Ding. Da können Sie etwas dabei werden.«

»Ich habe auch ganz gut dabei verdient.«

»Das glaube ich Ihnen. Die zahlen viel besser. Die können’s auch. Die kriegen ganz andre Preise als wir. Könnten wir unsre Baumwolle nach den States verkaufen, dann würden wir noch bessere Löhne zahlen; aber die States lassen ja keine Baumwolle herein, um die Preise hoch zu halten. Wir sind auf unsern eignen Markt angewiesen, und der ist immer gleich gepackt voll. Aber nun Sie! Ich kann Sie weder beköstigen noch in meinem Hause unterbringen. Aber ich brauche jede Hand, die kommt. Ich will Ihnen etwas sagen; ich zahle sechs Centavos für das Kilo, Ihnen will ich acht zahlen, sonst kommen Sie auf keinen Fall auf das, was die Nigger machen. Selbstverständlich brauchen Sie das den andern nicht zu erzählen. Schlafen könnt ihr da drüben in dem alten Haus. Das habe ich gebaut und mit meiner Familie zuerst darin gewohnt, bis ich mir das neue hier leisten konnte. Well, das ist dann abgemacht.«

Das Haus, von dem der Farmer gesprochen hatte, lag etwa fünf Minuten entfernt. Wir machten uns dort häuslich, so gut wir konnten. Das Haus, aus Brettern leicht gebaut, hatte nur einen Raum. Jede der vier Wände hatte je eine Tür, die gleichzeitig als Fenster diente. Der Raum war vollständig leer. Wir schliefen auf dem bloßen Fußboden. Ein paar alte Kisten, die vor dem Haus herumlagen, im Ganzen vier, benutzten wir als Stühle. Dicht bei dem Haus war eine Zisterne, die Regenwasser enthielt, das ungefähr sieben Monate alt war und von Kaulquappen wimmelte. Ich berechnete, dass etwa hundertzwanzig Liter Wasser in der Zisterne seien, mit denen wir sechs Mann sechs bis acht Wochen auskommen mussten. Der Farmer hatte uns schon gesagt, dass wir von ihm kein Wasser bekommen könnten, er wäre selbst sehr kurz mit Wasser dran und habe noch sechs Pferde und vier Maultiere zu tränken. Waschen konnten wir uns einmal in der Woche und hatten dann noch zu je drei Mann dasselbe Waschwasser zu gebrauchen. Es sei aber immerhin möglich, fügte er hinzu, dass es in dieser Jahreszeit alle vierzehn Tage zwei bis vier Stunden regne, und wenn wir die Auffangrinnen reparierten, könnten wir tüchtig Wasser ansammeln. Außerdem sei ein Fluss nur etwa drei Stunden entfernt, wo wir baden gehen könnten, falls wir Lust dazu hätten. Vor dem Hause richteten wir ein Lagerfeuer ein, zu dem uns der nahe Busch das Holz in reicher Menge hergab. Auf die recht nebelhafte Möglichkeit hin, dass es vielleicht innerhalb der nächst