: Peter Tauber
: Der Hitlerputsch 1923 Reclam - Kriege der Moderne
: Reclam Verlag
: 9783159621951
: Kriege der Moderne
: 1
: CHF 14.10
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: 20. Jahrhundert (bis 1945)
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Jahr 1923 gilt als das Krisenjahr der Weimarer Republik. Hyperinflation, wirtschaftliche Not und Hunger, die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen und der darauffolgende passive Widerstand, Umsturzversuche der Kommunisten in Hamburg, Sachsen und Thüringen sowie der Hitlerputsch im November, Gewalt auf der Straße und fehlende politische Stabilität ließen ein Gefühl von Unsicherheit und Orientierungslosigkeit in der Gesellschaft entstehen. Peter Tauber beschreibt die Kämpfe der noch jungen Republik, die erst zur Ruhe kam, als Hitlers erster Griff nach der Macht am 9. November 1923 scheiterte. Doch die Folgen des Krisenjahres wurden nie ganz überwunden. Die Reihe »Kriege der Moderne«, herausgegeben vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, stellt die wichtigsten militärischen Konflikte des 19. und 20. Jahrhunderts nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen vor und erläutert ihre geschichtlichen Ursachen und politischen Folgen.

Peter Tauber, geb. 1974, ist Historiker. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär lehrt an der Universität der Bundeswehr und ist als Autor und Berater tätig. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Veröffentlichungen sind die deutsche Turn- und Sportgeschichte sowie militärhistorische Arbeiten.

[7]Die Infanterieschüler


Oberleutnant a. D. GerhardRoßbach (Bildmitte mit Schirmmütze,18931967) überzeugte die Offizieranwärter, sich im November1923 auf die Seite der Putschisten zu stellen. Hier mit seinen Männern vor dem Eingang des Bürgerbräukellers,9. November1923. Gerade für die junge Generation im rechtsextremen Lager war er eine Identifikationsfigur.

Im September1923 sind die jungen Soldaten aus den verschiedenen Regimentern und Bataillonen der Reichswehr nach München gekommen. An der Infanterieschule in der Blutenburgstraße wollen sie im Kriegshandwerk geschult werden. Die Einrichtung gehört zu den Waffenschulen, an denen die Reichswehr während der Weimarer Republik die Offizieranwärter der Infanterie-, Kraftfahr- und Pioniertruppe ausbildet. Die angehenden Offiziere, die Fähnriche der Infanterie und die bereits im Weltkrieg beförderten jungen Leutnante werden im Hörsaal, im Gelände sowie in der Turn- und Reithalle auf ihre künftigen Aufgaben vorbereitet. Die Ausbildung im Gefechtsdienst erfolgt auf dem Oberwiesenfeld. Daneben bleibt Zeit, sich kennenzulernen und die Stadt zu entdecken. Die Kameraden im Hörsaal sind die Zukunft der Reichswehr. Und das wissen sie.

Es sind unruhige Zeiten. Die jungen Männer sind national gesinnt, sie diskutieren die politischen Fragen der Zeit. In der Armee sehen sie[8]ein Symbol der Einheit der Nation. Viele teilen die Sicht, dass Deutschland die »Schmach« des Versailler Friedensvertrages tilgen müsse, im Zweifel auch durch einen neuen Krieg. Nicht wenige glauben die Lüge, dass man den ungeschlagenen deutschen Truppen im November1918 einen »Dolchstoß« in den Rücken versetzt habe. In jedem Falle schaue die Politik tatenlos dem Niedergang des Vaterlandes zu, ein materialistischer Geist herrsche allenthalben, beklagen sie. Manche schimpfen auch über die »Judenrepublik« von Weimar.

Viele Infanterieschüler entstammen alten Soldatenfamilien, so auch Wolfdietrich vonXylander. Er hat in München Abitur gemacht und dient jetzt im19. Bayerischen Infanterieregiment. Er kennt die Stadt, nimmt seine neuen Kameraden immer wieder mit und zeigt ihnen die bayerische Brauhauskultur. Beim Bier kann man über die eigene Zukunft und die des Vaterlandes leichter räsonieren. Die Themen gehen ihnen nicht aus, die Stimmung in der Stadt ist aufgeheizt: Das Jahr1923 bringt die[9]Ruhrbesetzung durch französische und belgische Soldaten, separatistische Bestrebungen im Rheinland sowie Kommunisten in Sachsen und Thüringen in der Regierung – da scheinen München und die Infanterieschule ein Hort der vaterländischen Gesinnung zu sein. Und es gibt in Bayern eine neue politische Kraft, die Nationalsozialisten, in die viele Menschen ihre Hoffnung setzen. Ihr Parteivorsitzender und »Führer« AdolfHitler findet immer mehr Anhänger.

Weit verbreitete Verschwörungstheorie: Die Legende, dass ein Dolchstoß in den Rücken des deutschen Heeres zur militärischen Niederlage im Ersten Weltkrieg geführt habe. Illustra