: Jasmin Taylor
: Im Namen Gottes Die Unterdrückung der Frauen im Iran - Mit einem Vorwort von Masih Alinejad
: Europa Verlag GmbH& Co. KG
: 9783958905849
: 1
: CHF 18,00
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini, die wegen ihres locker sitzenden Kopftuchs von der iranischen Sittenpolizei verhaftet und misshandelt wurde und infolgedessen drei Tage später starb, war nicht der einzige Fall von Verbrechen an Frauen in Iran. Dieses Buch beleuchtet zutiefst erschütternde Einzelschicksale von acht Frauen, die stellvertretend für über 40 Millionen von Iranerinnen stehen. Jeder Leidensweg wird in Form eines Memoirs erzählt. Auch die Autorin Jasmin Taylor berichtet als eine der Protagonistinnen von ihren verstörenden Erfahrungen. Neu und schockierend ist, wie Jasmin Taylor auf Grundlagen des islamisch-iranischen Rechts Bezug nimmt und sachlich erläutert, dass Frauenhass und Gräueltaten durch gezielte Gesetzgebung legitimiert sind. Zudem wird ein Vergleich zwischen der iranischen Gesetzgebung und internationalem Recht gezogen, der sehr deutlich macht, wie überlebensnotwendig konkrete Änderungen des aktuell geltenden Frauenrechts in Iran sind. Dabei deckt die Autorin bittere Wahrheiten auf und erzählt schonungslos über eine staatlich verordnete halbe Wertigkeit der iranischen Frau gegenüber dem Mann; sie berichtet über Mädchen, die ab einem Alter von neun Jahren rechtmäßig verheiratet werden, und zeigt mit weiteren Fakten die brutale Realität eines Landes auf, das die gesamte Welt mit der höchsten Zahl an Hinrichtungen von Mädchen und Frauen schockiert. Frauen in Iran werden willkürlich inhaftiert, gefoltert, vergewaltigt und hingerichtet. Dennoch ist die Islamische Republik Iran nach wie vor Mitglied der UN-Konvention, begeht dabei aber fortlaufend und ungeahndet schwerwiegende Vertragsbrüche, wie die Berichte der Vereinten Nationen oder auch die Veröffentlichungen verschiedener NGOs im Bereich Menschenrechte beweisen. Ein unfassbares Zeugnis von frauenverachtender Unterdrückung - und die Welt schaut zu.

Die gebürtige Iranerin Jasmin Taylor musste zusammen mit ihrer Familie unter dem Mullah-Regime sowie auch in dem brutalen Iran-Irak-Krieg, wie Millionen andere Menschen im Iran, Schreckliches erleiden. In ihrer Jugend flüchtete sie daher während des Ersten Golfkrieges nach Deutschland. Sie erlernte die deutsche Sprache und absolvierte in Bonn ihr Abitur. Sie machte an der University of Maryland (USA) ihren Bachelor in Psychologie. Ihr Masterstudium in Human Relations (ein multidisziplinäres Studium, das auf der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten basiert, um demokratische Werte und soziale Gerechtigkeit zu fördern, die Interessen ethnischer Minderheiten zu vertreten, mit unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu arbeiten und systemischen, sozialen sowie organisatorischen Ungleichheiten lösungsorientiert zu begegnen) an der University of Oklahoma (USA) schloss sie mit Auszeichnung ab. Zurück in Deutschland, arbeitete Jasmin Taylor ab 1999 als Beraterin, Gründerin und Unternehmerin in der Tourismusbranche, genauer gesagt in der Online-Reisevermittlung, im Bereich Reiseveranstalter sowie in der Destinations- und Hotelprojektentwicklung. Während ihrer Tourismuskarriere wurde sie mit einer Reihe anerkannter Preise ausgezeichnet. So wurde sie beispielsweise als erste Frau zum Travel Industry Manager of the Year gekürt und erhielt damit die renommierteste Auszeichnung der Tourismusbranche. 2014 initiierte sie das Projekt SIS - Strong Independent Sisters, in dem sie geflüchtete Frauen aus Ländern wie Iran, Afghanistan, Syrien oder Eritrea darin unterstützte, die deutsche Sprache zu erlernen, Qualifikationen zu erwerben und eine Ausbildungsstelle bzw. eine Anstellung zu finden. Das gemeinnützige Projekt wurde 2015 von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Hatun Sürücü-Preis ausgezeichnet. Ihr Knowhow als Tourismusexpertin wird in der Branche auch außerhalb ihrer eigenen Unternehmungen geschätzt. Seit Sommer 2019 ist sie zum Beispiel Aufsichtsratsmitglied der angesehenen HanseMerkur Reiseversicherung AG. Sie war Testimonial bei Google - Google Play und bei Mercedes-Benz in der Initiative She Is Mercedes. Jasmin Taylor kämpft für die Demokratisierung des Iran und insbesondere für die Gleichberechtigung der Frau.

STRAFMÜNDIGKEIT


YASAMIN

Es war der alles verändernde 16. September 2022. An diesem wunderschönen warmen Spätsommernachmittag saß ich zusammen mit meiner Schwester im Gartenpavillon meines Hauses. Wie so oft genossen wir gemeinsam die tief stehende Sonne, die laue Luft und eines unserer liebsten persischen Sommergetränke:Sharbat-e Khakshir Nabat. Es war gegen 17 Uhr, als meine Schwester vorschlug, am Wochenende eine Ausstellung zu besuchen. Wir liebten es, uns an freien Tagen die Zeit mit Kulturveranstaltungen zu vertreiben. An jenem Freitag liefen im Hintergrund einige Stücke von Mozart und Beethoven. Klassische Musik hatte immer schon eine beruhigende Wirkung auf mein temperamentvolles Gemüt. Ich griff zum Telefon, um nach interessanten Veranstaltungen zu schauen. Doch zum Tippen kam es nicht mehr. Im Schlagzeilen-Widget des Smartphones fiel mir die Überschrift eines SPIEGEL-Artikels7 auf, der soeben erschienen war: »Frau stirbt nach Festnahme durch Irans Sittenpolizei«. Es war die Geschichte der jungen Iranerin Jina Mahsa Amini, die nur wenige Tage später die weltweite, feministische Revolution unter dem politischen SloganFrau, Leben, Freiheit gegen das iranische Regime und die Unterdrückung dort lebender Frauen auslösen sollte. Und auch meine Welt brachte sie von einer Sekunde auf die nächste ins Wanken. In meinem Kopf drehte sich alles, plötzlich nahm ich weder die Musik noch das Vogelgezwitscher oder die fröhlichen Plaudereien meiner Schwester wahr. Stattdessen hörte ich mich leise flüstern: »Es wiederholt sich. Alles wiederholt sich.«

Meine Schwester, die noch immer fröhlich von der Ausstellung erzählte, brach ihren Monolog mitten im Satz ab und schaute mich fragend an.

»Was sagst du da? Was wiederholt sich?«

Ich las die Zeilen des Artikels immer und immer wieder: »… von der Polizei in Gewahrsam genommen … fiel sie ins Koma … die strengen iranischenHijab-Vorschriften … junge iranische Frau gestorben.« Meine Augen sprangen unruhig von einem Wortfetzen zum nächsten, mein Herz schlug bis zum Hals, und meine Handflächen wurden klitschnass. Tränen liefen über meine glühend heißen Wagen, und in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich nicht mehr schweigen würde. Beinahe exakt dieselbe Geschichte war auch mir passiert, vor rund vierzig Jahren im Iran. Mit dem Unterschied, dass ich noch lebe. Aber das Verheerende daran war, dass ich trotz meines eigenen sowie zahlreicher ähnlich tragischer Frauenschicksale aus meinem Heimatland nie außerhalb meines engsten Kreises darüber gesprochen habe. Bis zum 16. September 2022.

Von diesem Tag an war Wegschauen für mich keine Option mehr. Seit 1979 erleben iranische Frauen bis heute mit unveränderter, brutaler Härte und Ungerechtigkeit die Folgen der Islamischen Revolution.

Mein Name ist Yasamin. Ich wurde 1966 in Teheran, in der Nähe des Amjadiyeh-Stadions, geboren. In meiner Jugend – Mitte der Achtzigerjahre – bin ich während des Ersten Golfkriegs nach Deutschland geflüchtet. Bis zur Revolution 1979, unter der Führung von Ajatollah Khomeini, verbrachte ich eine glückliche Kindheit im Iran. Meinen Vater sah ich allerdings nur selten, denn er arbeitete in seinem Atelier und war über die Stadtgrenzen Teherans hinaus für seine exquisiten, maßgeschneiderten Anzüge bekannt. Er entwarf die schönsten Stoffe und Schnitte und konnte mit bloßem Auge die Maße eines Man