: Julia Heinecke
: Heimliche Frucht Roman
: Gmeiner-Verlag
: 9783839279243
: Romane im GMEINER-Verlag
: 1
: CHF 10.50
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 239
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Schwarzwald 1950. Der Bauer Emil Dold lebt allein mit Agnes und Rosa auf dem Lenzenhof. Mit Agnes ist er verheiratet, mit der tüchtigen Magd Rosa pflegt er ein Liebesverhältnis. Als Rosa ein Kind erwartet, ist klar, dass es verschwinden muss. Nur wie? Keiner soll Rosas Nöte mitbekommen, und doch sieht jeder irgendetwas. Als schließlich die Gerüchte überhandnehmen, fängt Oberwachtmeister Bruno Strecker an, nachzuforschen.

Julia Heinecke wurde in Berlin geboren, wuchs im nördlichen Schleswig-Holstein auf und ist seit über einem Vierteljahrhundert in Südbaden zu Hause. Sie absolvierte eine Übersetzer-/Dolmetscherausbil ung und studierte anschließend Kulturwissenschaften. Heute lebt und arbeitet Julia Heinecke als freiberufliche Übersetzerin, Lektorin und Autorin in Freiburg. In mehreren Publikationen hat sie sich sowohl auf Sachebene als auch in Romanform mit der Kulturgeschichte des Schwarzwaldes auseinandergesetzt.

Liebe


Wahrscheinlich waren sie sich zur Kirchweih 1948 zum ersten Mal begegnet. Der Lenz, also der Vater von Emil, trank zusammen mit Alfred, dem Vater von Rosa, ein Bier, und so kam eins zum anderen. Als dann auf dem Lenzenhof eine Magd gebraucht wurde – die Bäuerin war schon tot und die Töchter vom Lenz hatten nach Streitigkeiten mit ihrem Vater das Weite gesucht –, fragte Emil bei Rosas Eltern nach. Er saß dort am Stubentisch, trank den eingeschenkten Schnaps und betrachtete wohlwollend die junge Frau, die da zur Tür hereinkam. Und es ist nicht gelogen, wenn man sagt, dass auch Rosa den Emil wohlwollend anschaute.

Gewiss, einen Moment hatten Rosas Eltern schon darüber nachgedacht, ob es für ihre erst neunzehn Jahre alte Tochter das Richtige sei. Allein mit zwei Männern auf einem Hof, da war das Getratsche ja schon vorprogrammiert. Dass es schließlich so ein Ausmaß annehmen würde, hätten Rosas Eltern im Traum nicht gedacht.

Rosa war zu der Zeit auf dem Beha-Hof als Kindsmagd in Stellung, wurde dort aber nicht mehr unbedingt benötigt. Man war sich schnell einig, Rosa einverstanden, und so kam im Februar 1949, gleich nach Maria Lichtmess, endlich wieder eine Frau auf den Lenzenhof.

Kaum dort angekommen, sah sie gleich Handlungsbedarf. In gespieltem Ärger schlug Rosa die Hände zusammen.

»Wann wurde hier denn zuletzt geputzt?«

Sie lachte und schnappte sich den Besen, der unbenutzt neben der Küchentür lehnte. Mit weit ausholenden Schwüngen fegte sie in Nullkommanix durch. Dazu sang sie.

Emil beobachtete derweil im Türrahmen stehend, wie sie mit ihren kräftigen Armen in der Stube für Sauberkeit sorgte. Er wollte eigentlich nicht starren, sondern einfach weitergehen. Aber das ging nicht, er war magisch angezogen von der neuen Magd und ihrem Frohsinn.

Sie gefiel ihm. Sie war kein dürrer Hungerhaken, wie man es gerade bei den Frauen aus der Stadt sah. Denen steckte der Krieg sprichwörtlich noch in den Knochen. Rosa war von kräftiger, gedrungener Statur. Sie wirkte auf Emil ausgesprochen weiblich. Ihre schönen großen Brüste ließen sich durch die weichen Rundungen unter ihrer Bluse und dem Mieder erahnen. Sie hatte eine ausgeprägte Taille, und ihrem wohlgeformten Hinterteil mochte der Jungbauer am liebsten mal einen ordentlichen Klaps verpassen. Bei dem Gedanken bekam er rote Ohren und wandte sich ab.

Rosa fand sich schnell zurecht und lebte sich ein. Sie putzte, kochte, spülte, wusch, bügelte, flickte, fegte, molk, schlug Butter, drosch, fütterte die Tiere, kehrte den Stall, jätete Unkraut, half beim Steinen, beim Heuen, beim Säen, beim Ernten der Frucht und setzte Kartoffeln, als wäre sie schon immer da gewesen. Sie war überall, immer fix, klagte nie, sondern im Gegenteil summte stets