: Kate Dark, Sabine Lettau, Alex Roller, Ethel Scheffler, Anja Feldhorst, Franziska Steinhauer, Jana B
: Die Stille nach dem Fest Mörderische Schwestern
: Elysion Books
: 9783960002987
: 1
: CHF 3.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 258
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sechzehn Verbrechen zum Fest, angerichtet von ebenso vielen Autorinnen und verfeinert mit weihnachtlichen Rezepten. Spannendes, Komisches, Tragisches - für jeden Geschmack ist etwas dabei. Wählen Sie als Vorspeise vielleicht einen misslungenen Giftmord an Punsch, als Hauptgang die tragischen Folgen eines unerfüllten Kinderwunsches an Spitzkohl aus dem Ofen und zum Dessert die wundersame Wandlung einer fiesen Lehrerin an Tannenbaum-Kokosmakronen #13; Die Autorinnen sind Mitglied bei den 'Mörderische Schwestern e. V.'. Alle haben sich dem Krimi verschrieben, jedoch zeigt diese Kurzkrimisammlung, dass kein Krimi dem anderen gleicht.

3. Allüberall auf den Tannenspitzen …


Anja Feldhorst

 

Ich weiß nicht, ob ich mich vor Entsetzen schütteln oder vor Verzückung juchzen soll. Letzteres würde mein sechsjährigesIch sofort tun, aber die erwachsene Lulu hat im Laufe der Jahre doch so etwas wie guten Geschmack entwickelt. Auch wenn mein Ex-Mann Heiner das Gegenteil behauptet. Ich entscheide mich für ein neutrales und nicht mal gelogenes »beeindruckend«. Denn dass der Weihnachtsbaum, der vorne rechts im Chor der Klosterkirche Marienfließ gen Himmel ragt, bemerkenswert ist, steht außer Frage. Statt der üblichen farbigen Christbaumkugeln und unvermeidlichen silbernen oder goldenen Girlanden öffentlicher Weihnachtsbäume ist die Tanne übersät mit blassblau glitzernden Sternen. Als der Pfarrer das Zeichen gibt und ein magerer Mittvierziger den Stecker in die Dose schiebt, flammen unzählige LED-Kerzen auf. Ihr Licht bricht sich tausendfach in den Facetten der Strasssteinchen. Neben mir schnauft Tante Käthe. »Ich will zurück ins Heim. Mir ist kalt«, murrt sie.

»Ich dachte, du hast dich auf die Illumination gefreut?«, erwidert Tante Hiltrud mit leicht genervtem Tonfall.

»Wenn ich Illuminaten will, les ich Dan Brown«, gibt Tante Käthe patzig zurück und vollführt eine harsche Drehung mit ihrem Rollstuhl. Ich kann gerade noch zur Seite springen. Tante Käthes gebrummelte Entschuldigung kommt nicht wirklich von Herzen. Aber ich kann sie verstehen. In der Kirche ist es saukalt, der Pfarrer ergeht sich in gewichtigen Worten über das Weihnachtsfest und von dem alten Mann schräg hinter uns wabert eine unerfreuliche Mischung aus Urin, Kohlgeruch und kaltem Rauch herüber. Ich sehe Tante Hiltrud an. Die zuckt mit den Schultern und verlässt ihren Platz in der Kirchenbank.

Über einen schneematschigen Weg kehren wir zurück zum Pflegeheim. Eine schwarzgekleidete zierliche Person in für das Wetter und die Gegend viel zu hohen Pumps kommt uns entgegen. Tante Käthe manövriert ihr Gefährt mit etwas Mühe an den Rand des Weges, um der Frau Platz zu machen. Tante Hiltrud und ich reihen uns hinter ihr ein und im Gänsemarsch bzw. -korso geht es weiter. Als Tante Käthe auf gleicher Höhe mit der Fremden ist, bremst sie so unvermittelt ab, dass Tante Hiltrud beinahe gegen die Rückenlehne des Rollstuhls knallt. Die Frau guckt ebenso verdutzt wie ich, als Tante Käthe in einem Tonfall »Guten Tag« sagt, der klingt wie: »Ihren Ausweis, sofort!«

Die Frau hat ihre kurz entgleisten Gesichtszüge wieder auf Spur gebracht und erwidert den Gruß knapp. Dann stöckelt sie mit schnellen Schritten davon Richtung Kirche.

Als sie außer Hörweite ist, zischt Tante Hiltrud ihrer Schwester zu: »Bist du irre? Ich hätte mir das Genick brechen können.«

Mit einem unwirschen »Papperlapapp« setzt Tante Käthe sich wieder in Bewegung und wir müssen uns beeilen, mit ihrem Tempo mitzuhalten.

Eine Viertelstunde später sitzen wir bei staubtrockenem Christstollen und dünnem Kaffee im Aufenthaltsraum des Heims mit einigen von Tante Käthes Mitbewohnerinnen an einem Tisch. Die alten Damen streiten wie die Kesselflicker darüber, ob die n