: B. Traven
: Der Marsch ins Reich der Caoba
: Diogenes
: 9783257613698
: 1
: CHF 10,00
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Einmal jährlich erwacht der Ort Hucutsin im Süden Mexikos zum Leben: Wenn die Karawanen der Händler zum Heiligenfest eintreffen und ihre Waren auf dem Markt feilbieten. Auch der Werber Don Gabriel geht hier seinen üblen Geschäften nach. ?Regierung?, ?Die Carreta? und ?Der Marsch ins Reich der Caoba? sind Teil des sogenannten ?Caoba-Zyklus?, der in den 30er-Jahren erschien. Er legt die Ursachen bloß, die zur Revolution im Jahr 1910 führten: Korruption, Versklavung und gnadenlose Ausbeutung der indianischen Volksstämme.

B. Traven (1882-1969), war bis 1915 unter dem Pseudonym Ret Marut als Schauspieler und Regisseur in Norddeutschland tätig. Es folgte der Umzug nach München, wo er 1917 die radikal-anarchistische Zeitschrift ?Der Ziegelbrenner? gründete und sich an der bayerischen Räteregierung beteiligte, die 1919 gestürzt wurde. Es gibt heute Hinweise, dass er der uneheliche Sohn des AEG-Gru¨nders Emil Rathenau und damit der Halbbruder von Walther Rathenau war, der 1922 als deutscher Außenminister ermordet wurde. Nach seiner Flucht nach Mexiko 1924 schrieb er unter dem Namen B. Traven 12 Bücher (darunter sein wohl bekanntester Roman ?Das Totenschiff?) und zahlreiche Erzählungen, die in Deutschland Bestseller waren und in mehr als 40 Sprachen veröffentlicht und weltweit über 30 Millionen Mal verkauft wurden. Viele davon wurden verfilmt, so ?Der Schatz der Sierra Madre? (Hollywood 1948), ?Das Totenschiff? (Deutschland 1959) und ?Macario? (Mexiko 1960). 1951 wurde er mexikanischer Staatsbürger, heiratete 1957 Rosa Elena Luján, seine Übersetzerin und Agentin, und starb am 26. März 1969 in Mexiko-Stadt.

Es geschah in den zwanzig Minuten zwischen dem Sonnenuntergang und dem Einbruch völliger Nacht, daß auf dem steinigen Felde, wo die Urwaldarbeiter lagerten, der junge Indianer Andres ankam.

Er ging gebückt unter dem schweren Packen, den er, an einem breiten rohen Riemen über der Stirn, auf seinem Rücken schleppte. Das Hemd hatte er ausgezogen, um es vor dem Durchscheuern auf dem Rücken zu schonen. Über dem nackten Rükken trug er ein Antilopenfell, das mit dünnen rohen Riemen am Traggurt befestigt war. Und auf diesem Fell ruhte der Packen. Andres trug weiße Baumwollhosen. Das rechte Hosenbein war bis zum oberen ersten Drittel des Oberschenkels aufgekrempelt. Das linke Hosenbein dagegen war aufgekrempelt gleich über dem Knie. An den Füßen hatte er Sandalen, die aus rohem Leder gearbeitet waren. Auf dem Packen, oben aufgebunden, hatte er seinen Hut. Es war der Hut der Zoquesen, jener Indianer, die im Westen des Staates ihre Wohngebiete hatten. Ein sehr hoher Hut, aus Palmenbast geflochten, oben in einer ganz merkwürdigen Weise leicht eingebuchtet, die ihn aber auf den ersten Blick von jedem anderen ähnlichen Hut unzweideutig unterschied.

Der junge Bursche hatte eine bronzebraune Hautfarbe, dickes, schwarzes, strähniges Haar, das ihm wirr um den Kopf wuschelte. Aber er trug es nicht halblang, quer über die Stirn abgeschnitten wie die Indianer der Fincas und der unabhängigen Dörfer, sondern er trug es kurz geschnitten nach Art der Mexikaner in den Städten.

Diese Tatsache, daß der Schnitt seines Haares nicht übereinstimmte mit seinem übrigen Aussehen und mit der rein indianischen Art, wie er seinen Packen schleppte, war die Ursache, daß alle Burschen, die auf dem weiten Felde lagen, ihre Augen auf ihn richteten. Sie waren dessen gewiß, daß dieser Bursche sich verlaufen und auf diesem Felde nichts zu suchen hatte. Gleich von dem Feuer, das ihm am nächsten lag, schrie einer der indianischen Burschen in der Sprache der Tseltalen herüber: »He, du, Jüngelchen, wo willst du denn hin mit deinem Kattun? Die indianischen Händler haben ihre Stände in der Straße, die von Teultepec geradeaus herunter in den Pueblo führt.«

»Bin ich durchgekommen«, rief Andres, in Tseltal antwortend, »aber ich bin kein Comerciante. Ich gehe nach den Monterias. Und ich vermute, hier ist es, wo sich die Peones sammeln für den Enganche.«

»Du gehst auch zu den Monterias?« fragte rufend ein anderer vom selben Campfeuer aus. »Als was? Bist ein Capataz, he, du? Da wollen wir gleich einmal vorher miteinander reden und gut. Morgen ist es vielleicht zu spät, wenn du der Peitscher und Henker bist. Auf dich, Hermanito, mein süßes Brüderchen,