Nachfolge
Michael Höffner | Münster
geb. 1971, Dr. theol. habil, Professor für Theologie der Spiritualität am CTS Berlin; Domkapitular am Paulus-Dom Münster
hoeffner@bistum-muenster.de
„Halten Sie Ihr Herz in der Weite“
Franz von Sales – Gestalt an einer Zeitenwende
In den letzten Monaten war verschiedentlich von einer „Zeitenwende“ die Rede: zunächst politisch, als im Frühjahr 2022 der Ukrainekrieg ausbrach, dann auch kirchlich im Zusammenhang mit all dem Wandel, den wir momentan durchleben und -leiden. Mitten darin begehen wir das Jubiläumsjahr einer Gestalt, die ebenfalls in einer solchen Zeitenwende angesiedelt ist: Franz von Sales. Wir befinden uns gerade in seinem 400. Todesjahr: Am 28. Dezember 1622 ist er gestorben, am 24. Januar 1623 wurde er in seinem Bischofsexil Annecy beigesetzt.1
Seismograph an einer Zeitenwende
Als Franz von Sales 1602 Bischof von Genf wurde, waren die französischen Religionskriege gerade erst vier Jahre befriedet. Eine Expertin dieser Epoche meinte einmal: Diese acht französischen Religionskriege zwischen 1562 bis 1598 wirkten wie Vulkanausbrüche.2 Sie hinterließen in Frankreich verbrannte Erde, in vielerlei Hinsicht, nicht zuletzt spirituell. Die Kirche wurde in ihrem Anspruch, verbindlich das Leben zu rahmen und zu deuten, massiv geschwächt. Das Klima war immer noch so aufgeheizt, dass Franz seine Bischofsstadt, das calvinistische Genf, nur ein einziges Mal betreten bzw. durchqueren konnte, und das nur inkognito. Er lebte also im Exil, bis