: Angela Steinmüller, Karlheinz Steinmüller
: Vorgriff auf das Lichte Morgen Essays zur DDR-Science-Fiction
: Memoranda Verlag
: 9783948616878
: 1
: CHF 7.00
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: Literatur: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 264
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Im dritten Essayband ihrer Werkausgabe widmen sich die Steinmüllers speziell der Science Fiction der DDR. Nach einer Einleitung und einem Überblick über die Entwicklungsetappen der SF in der DDR untersuchen sie in vier Essays die von der staatlichen Kulturpolitik verordneten Funktionsbestimmungen sowie das Geschichts- und das Technikbild der DDR-SF und geben einen Einblick in das Menschen- und Gesellschaftsbild. Sie konzentrieren sich dabei auf die fünfziger und sechziger Jahre, in denen die DDR-SF noch nicht ihre spätere Vielfalt und Qualität erreicht hatte, aber gerade mit ihrer damals relativ einheitlichen Ausprägung charakteristische - und aus heutiger Sicht merkwürdige - Eigenheiten entwickelte.

Angela und Karlheinz Steinmüller zählten zu den führenden Science-Fiction-Autoren der DDR. Angela (*1941) ist Diplom-Mathematikerin, Karlheinz (*1950) Diplom-Physiker und Doktor der Philosophie, seit den Neunzigerjahren auch einer der angesehensten deutschen Futurologen. 1989 wurde der Roman 'Andymon' zum beliebtesten SF-Buch der DDR gewählt. Die Steinmüllers wurden viermal mit dem Kurd Laßwitz Preis für die beste deutschsprachige Erzählung ausgezeichnet - Angela allein, beide zusammen sowie zu dritt mit Erik Simon.

Aufbruch in den Weltraum

Am 4. Oktober 1957 startete die Sowjetunion Sputnik I. Der erste künstliche Erdtrabant wurde von einer Welle öffentlicher Begeisterung und überschwenglicher Propaganda begleitet, die immer wieder die Überlegenheit der sowjetischen Wissenschaft herausstrich. Sputnik I gab auch den Startschuß für einen allgemeinen Aufbruch der DDR-SF in den Weltraum. Einen »allgemeinen« wohlbemerkt, denn schon vorher hatte BagemühlDas Weltraumschiff (1952) veröffentlicht, und 1956 debütierte Günther Krupkat mit sowohl einer Erzählung als auch einem Roman mit Weltraumthematik.

Günther Krupkat ist der in unseren Augen interessanteste Autor der frühen DDR-SF.[12] Er hatte ein Ingenieurstudium aus Geldmangel abbrechen müssen, in verschiedenen Berufen gearbeitet, am antifaschistischen Widerstand teilgenommen und schon in der Weimarer Republik erste Kurzgeschichten, allerdings keine SF, veröffentlicht, später auch einen Roman über den Untergang der Titanic. Als Gründer und erster Vorsitzender des Arbeitskreises für Utopische Literatur (von 1972 bis 1978) knüpfte er auch Kontakte zu ausländischen SF-Kollegen.

In Krupkats HefterzählungGefangene des ewigen Kreises (1956) retten sowjetische Kosmonauten US-Astronauten aus einer havarierten Rakete. Die Amerikaner sind überhastet gestartet; ihr Raumfahrzeug wurde von Meteoriten getroffen, und ohne die Hilfe ihrer sowjetischen Kollegen wären sie verdammt, ewig im Orbit zu kreisen. – Damit nimmt Krupkat ein Motiv vorweg, das acht Jahre später von Martin Caidin in seinem RomanMarooned (1964, deutsch:Gefangen im All) anhand der Besatzung einer Gemini-Kapsel behandelt wird.

Auch Krupkats erster RomanDie Unsichtbaren, 1956 zuerst als Romanzeitung erschienen, dreht sich um einen Weltraumflug, diesmal zum Mond. Bei den im Titel genannten »Unsichtbaren« handelt es sich um Marsianer, die geschützt durch eine Tarntechnologie insgeheim auf der Erde operieren und u. a. die Raumfahrtprogramme beobachten. Damit nicht genug: Die üblichen imperialistischen Saboteure plazieren Bomben in den beiden sozialistischen Raumschiffen. Die Tochter eines der Kapitalisten opfert sich, um die Besatzungen zu warnen; auf dem Mond werden dann die Kosmonauten von den Marsianern, die dort einen Stützpunkt unterhalten, freundlich begrüßt.[13] In der Buchausgabe (1958) ergänzte Krupkat den Roman um ein unter dem Eindruck des Sputnikstarts geschriebenes Nachwort, in dem er betonte, wie realistisch die im Buch enthaltenen Zukunftsvisionen seien. Auf die in allen DDR-Medien zu hörenden Triumphtöne, daß der Sputnik die Überlegenheit des sozialistischen Gesellschaftsmodells beweise, verzichtete er.

Nun, da die piepsende Kugel die Erde umkreiste, wandten sich mehr und mehr Autoren dem Kosmos zu. Bezeichnenderweise werden die Digedags, die Helden desMosaik, der einzigen Comic-Reihe mit durchgehender Handlung in der DDR, Opfer einer »Entführung ins Weltall«, wie der Titel des Hefts Nr. 25 vom Dezember 1958 lautet. In den folgenden Nummern erleben sie gemeinsam mit den Weltraumfahrern vom Planeten Neos Abenteuer auf dem Mond, dem Mars, auf dem durch einen Atomkrieg zerstörten Planeten Nucleon und schließlich auf Neos selbst. Auch hier kommen Spionage und Sabotage ins Spiel: Ein Raumschiff des kapitalistischen Gro