: Eva Schörkhuber
: Die wunderbare Insel Nachdenken über den Tod
: Edition Atelier
: 9783990651070
: 1
: CHF 14.30
:
: Essays, Feuilleton, Literaturkritik, Interviews
: German
: 184
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die wunderbare Insel ist ein Ort voller Magie, unglaublicher Tiere und prachtvoller Pflanzen. Was es hier nicht gibt, ist der Tod. Und das machte sie für Eva Schörkhuber als Kind zu einer tröstlichen Erzählung. Als viele Jahre später innerhalb kurzer Zeit ihr Vater und ein enger Freund sterben, ändert sich ihre Perspektive auf den Tod. Sie denkt ebenso über individuelle Begegnungen mit dem Tod nach wie über seine Bedeutung in weiteren gesellschaftlichen Zusammenhängen. Welche Vorstellungen liegen dem Begriff »Trauerarbeit« zugrunde? Wie verändern sich unsere Beziehungen zum Tod, wenn wir das Ende der Welt, wie wir sie kennen, in Betracht ziehen? Eva Schörkhuber erinnert mit großem sprachlichen Feingefühl daran, dass der Tod kein metaphysisches Ungeheuer ist, vor dem wir uns so lange wie möglich verstecken müssen, sondern dass unser Nachdenken darüber sich lohnen kann.

Eva Schörkhuber, 1982 in St. Pölten geboren, auf­gewachsen in Oberösterreich. Auszeichnungen (Auswahl): Förderungspreis für Literatur der Stadt Wien (2022), Langzeitstipendium für Literatur des BMKOES (2022), author@musil in Klagenfurt 2020. Literaturwissenschaftliche Promotion über Archiv- und Gedächtnistheorien. Redaktionsmitglied bei PS - Politisch Schreiben und Mitglied im Papiertheaterkollektiv Zunder. Lebt und arbeitet in Wien.

BEGEGNUNGEN


1.


Ich erinnere mich genau, als ich den Tod zum ersten Mal wahrgenommen habe. Er ist mir weder erschienen noch hat er kurz davor jemanden aus meinem Leben genommen. Und doch hat der Moment, in dem ich ihn erkannt habe, einen tiefen Eindruck hinterlassen.

Zwischen den Zeilen eines Liedes ist mir plötzlich das unlösbare Ende jedes Lebens vor Augen gestanden wie ein dunkler Fleck, der immer schon da gewesen war, der nur bislang mein Gesichtsfeld nicht berührt hatte. »Und er wird auf-, auferstehen« hallte es durch das Kirchenschiff, und ich konnte nicht mehr an mich halten. Da halfen weder das erdbeerrote Jeansgilet, das ich an diesem Ostersamstag unbedingt tragen wollte und das ich gegen die Vorstellungen meiner Mutter von einer angemessenen Festtagskleidung durchgesetzt hatte, noch der blaue Drache mit dem glitzernden Blick, der mit einer Anstecknadel befestigt auf meiner Brusttasche saß. Ich konnte nicht mehr an mich halten und brach in Tränen aus. Es waren keine heißen, stillen Tränen, die