KAPITEL 1
Strategie des Sieges: Friedlicher Protest oder friedlicher Aufstand?
Welche Strategie sichert den Sieg im Kampf mit der Despotie? Den Menschen des 18., 19. und umso mehr des 20. Jahrhunderts fiel die Antwort auf diese Frage leicht: Die siegreiche Strategie ist die Revolution.
Was für eine Revolution? Die gewaltsame, natürlich. Marx bezeichnete die Revolution als Hebamme der Geschichte. Und einer der Gründungsväter der USA, Alexander Hamilton, formulierte es so: »Wenn das Volk seine Regierung satt hat, dann kann es entweder sein verfassungsmäßiges Recht in Anspruch nehmen, die Regierung abzuwählen, oder sein revolutionäres Recht, sie durch einen Aufstand zu stürzen.«
Das Aufstandsrecht des Volkes gegen die Usurpatoren der Macht ist in der Präambel der amerikanischen Verfassung festgelegt. Lenin und seine Mitstreiter hielten die Revolution für die Hauptquelle des Rechts und riefen dazu auf, die Feinde der Revolution im Sinne des revolutionären Rechtsbewusstseins zu verurteilen. Klar war, wer der Feind ist und was mit ihm zu tun sei.
Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts wurde alles komplizierter. Die Revolutionen, derentwegen in Europa die letzten 200 Jahre lang Ströme von Blut vergossen worden waren, kamen aus der Mode. Und der Zerfall der UdSSR und der mit ihr verbundenen Regime in Osteuropa weckte die Illusion, man könne die Tyrannen ohne Gewalt überwinden. Vielleicht nicht auf einen Schlag, aber letztlich war die Gewaltanwendung als unerwünschte und sogar unzulässige Erscheinung aus der Strategie des Kampfes mit der Despotie ausgeschlossen. Was ist von dieser Strategie übrig?
Geblieben ist von ihr der friedliche Protest als einzig akzeptable und universale Strategie für alle Zeiten und unter allen Umständen. Das Ziel ist nicht einfach die Revolution, sondern unbedingt die samtene Revolution, die Revolution in weißen Handschuhen. Von nun an durfte der Protest nicht mehr mit Gewalt einhergehen, selbst wenn es Gewalt gegen den Tyrannen und seine Schergen war, die das Land in Blut ertränkten.
Bis zu einem gewissen Zeitpunkt funktionierte diese Strategie, »dem Bösen nicht mit Gewalt zu wehren«; jedenfalls sah es so aus. Die samtenen Revolutionen entwickelten sich zu Farbrevolutionen weiter, die man vielleicht besser als »Blumenrevolutionen« bezeichnen sollte (»Rosenrevolution«, »Nelkenrevolution« und so weiter). Die Farbrevolutio