: Jule Govrin
: Begehrenswert Erotisches Kapital und Authentizität als Ware
: Matthes& Seitz Berlin Verlag
: 9783751830089
: 1
: CHF 12.60
:
: Politik
: German
: 191
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Begehren und Wert erscheinen auf den ersten Blick als Gegensätze. Während Ersteres auf das Persönliche und Intime abzielt, beschreibt Letzteres die abstrakte Beurteilung. Doch der Gegensatz wird brüchig, sobald wir im Begehren das beständige Auf- und Abwerten anderer entdecken, und im Wert das unablässige, affektgeladene Spiel der Bewertungen. Jule Govrins fulminanter Essay Begehrenswert fragt danach, wie Begehren die wirtschaftlichen Wertordnungen durchdringt und sich ökonomische Bewertungsmuster feinstofflich in soziale Beziehungen und Selbstwahrnehmungen einschreiben - in Semantiken des Selbstwerts, auf der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen und unique selling points, um sich von anderen abzuheben. Der Streifzug durch die Gegenwart geht mit Abstechern in die Kapitalismus- und Sexualitätsgeschichte einher, um aufzuzeigen, wie sich Begehren an Waren, Menschen und Werte bindet. Im Dreieck von Wert, Begehren und Authentizität ergründet Begehrenswert die Matrix unserer Gegenwart - und weist zugleich im alle verbindenden Begehren nach anders gelagerten, solidarischen Beziehungsweisen den Fluchtpunkt einer emanzipatorischen Perspektive auf. 

Jule Govrin ist politische Philosoph*in und forscht an der Schnittstelle von Feministischer Philosophie, Politischer Theorie, Sozialphilosophie und Ästhetik zur politischen Dimension von Körpern und Begehren als transformativer Kraft.

1. Wert


Gebrauchswert. Geschäftswert. Geldwert. Gegenwert. Grenzwert. Liebenswert. Lebenswert. Liquidationswert. Marktwert. Mehrwert. Messwert. Menschenwert. Neuwert. Normwert. Nominalwert. Sachwert. Schrottwert. Selbstwert. Spekulationswert. Seltenheitswert. Arbeitswert. Tauschwert. Unternehmenswert. Orientierungswert. Durchschnittswert. Distinktionswert. Richtwert. Realwert. Zeitwert. Zeichenwert. Symbolwert. Sachwert. Inszenierungswert. Erlebniswert. Eigenwert. Wahrheitswert. Barwert. Börsenwert. Bezugswert. Begehrenswert. Wie die Wertform beziffern, von der die Rede ist, wenn wir über affektive und ästhetische Wirkungsweisen von Wert und Bewertung sprechen? Anscheinend handelt es sich weniger um direkten Geldwert, der – einem Preisschild gleich – Waren angeheftet wird, und mehr um eine symbolische Wertform, die mit Wunschbildern spekuliert und darauf einwirkt, wie wir wahrnehmen und begehren.

Gemäß Pierre Klossowski bildet der Wert eine »dem Genuß innewohnende Strategie«.6 Wert entspringt dem Begehren, weil der Akt des Bewertens eine Handlung des Begehrens ist. Das kapitalistische Wirtschaften schreibt dem Begehren seinerseits seine Wertlogik ein, die auf Verknappung und Tausch beruht. Diese bemächtigt sich der Lüste und Sehnsüchte, formt Fantasien in flimmernden Werbebildern und strukturiert Begehrensbeziehungen. Für Klossowski ist das »Vermarktungsprojekt der wollüstigen Emotion«7 im Erotischen angelegt. Die begehrliche Wertungsform, die sich in Vorlieben verwandelt, ist monetären und moralischen Werten vorgeschaltet. Angel