: Mariam Kühsel-Hussaini
: 57 Roman
: Europa Verlag GmbH& Co. KG
: 9783958906105
: 1
: CHF 17,70
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 368
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
57 erzählt vom Deutschland der Nachkriegszeit: von der Stunde Null, die man nicht atmen ließ, von Ruinen, die sich in Glas verwandeln, von amerikanischen Komplexen. Was absurd erscheint, beginnt sich mit der Niederlage abzuzeichnen: Kern und Wesen der Menschen sollen nach und nach überformt, ihre Geschichte eingefroren, ihre Sehnsucht gekauft werden. Es ist der große Neustart in eine Welt der Tarnung im Mantel der Demokratie, abgesprochener Lügen und künstlicher Politik. Die Verbrechen, die in den deutschen Konzentrationslagern begangen wurden, sollen nicht zur Läuterung der Deutschen, sondern zu ihrer Einschüchterung führen. Verbrechen, die schon der Vorläufer dieses Buches, EMIL, eindringlich und beunruhigend in den frühen Lagern von SA und SS entfaltete. Verbrechen, die auch 57 benennt, verurteilt und in ihrer Hässlichkeit zur Sprache bringt. Jedoch: Im unermesslichen Strudel der Geschichte dieser Welt beginnt sich das Wort Schuld aus seiner rein deutschen Physiognomie zu befreien und sich an allen erdenklichen Plänen, Herkommen und Nuancen zu entzünden - eine Enzyklopädie der Schuld erstreckt sich, unabhängig von Geografie und Geschehen, eine Schuld, die tief im Menschen selbst sitzt und nur im Fokus ständiger, schuld-intrigierender Spiegelungen ihre Wahrhaftigkeit behält. Mit dem ersten Gestapo-Chef Rudolf Diels, der ein Jahr nach Amtsantritt, 1934, die Polizeizentrale für Himmler und Heydrich räumen musste und dessen Verfolgung durch die SS ebenda begann, offenbart sich ein bislang unter Verschluss gehaltenes Leben für die Menschlichkeit, für die Liebe und für den Rechtsstaat.

Mariam Kühsel-Hussaini wurde 1987 geboren und lebt in Berlin. 2010 debütierte die deutsche Schriftstellerin mit dem Roman 'Gott im Reiskorn'. Es folgten 'Abfahrt' (2011), 'Attentat auf Adam' (2012), 'Tschudi' (2020) und 'Emil' (2022).

4


Kraft.

Hannover hatte Kraft, eine stabile und intelligente Kraft, fast schon einen wunderbaren Trotz. Genau das lag auch in dem sehr jungen Rudolf Augstein. Er öffnete die Tür in kurzen Hosen, Diels trat ein.

Augstein führte ihn über einen kleinen Flur. „Das Hochhaus kann durchaus beengend sein, Herr Diels. Dies hier sind private Räume meiner Familie, mein Bruder und ich nutzen sie des Öfteren mal, sie kennen ihn ja“, sagte er. „Kenne, und schätze ihn“, sagte Diels, im einfachen weißen Hemd und dunkelblauer Leinenhose. „Bester Jurist. Vielversprechend.“

„Der Vielversprechende aus unserer Familie, der bin nun allerdingsich!“, entgegnete Augstein und setzte sich ihm schmunzeln